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Dritter
Abschnitt.
Rom's sich Rechenschaft zu geben, besassen sie meist
nicht die erforderliche Bildung; aber sie verehrten alles
mit aufrichtigem Staunen, und mit dem bescheidenen
Stolz, durch ihre Anwesenheit selber einen Teil dieser
vornehmsten aller Welten zu bilden. Mit der Urteils:
losigkeit dieser „Künstlerburschen" hängt ein sehr amü-
santer Zug zusa-mmen, ihre grenzenlose Fertigkeit im
Auffinden neuer Meisterwerke. Überall meinen sie, wenn
nicht einen Rafael oder Tiziaia, doch mindestens einen
Carracci zu sehen, und beliebige Copieen, die aus dem
Staube irgendwo heritorgezogen sind, werden Gegenstand
lebhafter Anpreisung und schwunghaften Handels. Wenn
man dazwischen wohl Verdacht schöpft, dass dieser eifrige
Optimismus aus zweifelhaften Motiven hervorgehe, so ist
in den meisten Fällen die bona fides der Finder und
Verkäufer doch ausser Frage. Weniger reinlich erscheinen
diese Künstler in der Art. wie sie jene Meisterwerke selbst
an sich brachten; da handelte es sich meist (larum,
italienische Diener oder Trödler in Geriebenheit zu über-
treffen. Natürlich mussten nach dem Geschmack der
Zeit die erstandenen Werke vor dem Verkauf restaurirt
werden; wenn der augenblickliche Besitzer das nicht
selbst vermochte, so boten sich ihm viele hilfreiche
Hände an. (iemaltle wurden besonders von Andres
wiederhergestellt. für den sogar Philipp Hacker-t in
einem eignen Brief über die Berechtigung der Restau-
rationen eintrat. Der Erganzung' von Statuen widmete
sich, wie früher Cavaceppi, so auch jetzt ein italienischer
Bildhauer, Namens Albacini, fast ausschliesslitzh. Er
War ausserst gesucht, und konnte in dieser Arbeit voll-
auf genügende Beschäftigung finden, während seine eigenen
Werke nur wenig geschätzt waren und er deshalb von
selbständigem Schaffen mehr und mehr abliess; (eine
seiner wenigen eigenen Leistungen war das übrigens sehr
einfache Grrabmal von ltlengs). Dies leidenschaftliche
Verlangen nach Erganzung' der Antiken hielt bis in den
Anfang unseres Jahrhunderts an, und einer der am
frühsten seine Stimme dagegen erhob, war erst 1805