Letzte
Tätigla
V 01]
Rafael
Nlengs.
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hauptsächliche Kraft verwandte er auf das für den
König von Spanien bestimmte Gemälde der Verkündigung
und Azara erzählt sehr hübsch, wie er den Meister, der
nach zweimonatlicihem Sinnen und Prüfen sich endlich
zur Ausführung; entschlossen. an diesem bedeutungsvollen
ltiorgtan antraf: er sang und pfiff abwechselnd für sich
allein eine Melodie; und als Azara sich darüber wunderte,
versetzte er, es sei dies eine Sonate von Corelli, und er
wolle das Bild entsprechend dem musikalischen Stil dieses
Komponisten malenß)
Während er alle Kräfte daran setzte, fand er noch
einmal Gelegenheit, auch theoretisch seine Anschauungen
in voller Klarheit und im letzten Stadium ihrer Reife
darzulegen. Es geschah das in dem offenen Briefe an
Don Antonio Ponz, der eine Reisebeschreibung über
Spanien herauszugeben dachte und dazu Mengs Urteil
über die königlichen Bilderschatze zu erhalten wünschte.
Der Künstler schickte nun seiner Beschreibung die re-
iiektirende Abhandlung voraus, in dem er seinen Stand-
punkt des Eklektizismus aufs deutlichste und klarste
vertritt. Er hatte diesen Standpunkt nicht nur nach
dem gewöhnlichen Sprachgebrauch gegenüber den
Künstlern der Vorzeit, einem Rafael, Correggio, Tizian
gegenüber; er hatte ihn und dies ist sein charakte-
ristischster Zug auch gegenüber der Natur. „I)ie
Malerei", schreibt er, „a_hmt alle Erscheinungsformen der
sichtbaren Natnrgegenstande nach, nicht genau wie sie
sind, sondern wie sie erscheinen, oder wie sie erscheinen
könnten oder sollten. Da ihre Absicht ist, in genuss-
reicher Weise Erkenntnis zu geben, so würde sie jene
verfehlen, wenn sie die Natur nachahmte, wie sie ist.
Die Malerei hat immer, und muss immer viel ideales
haben; das heisst aber nichts anderes als eine Auswahl
solcher in der Natur vorhandener Einzelheiten, welche
nach ein und derselben Idee hinstreben, und in einer Art
zusammengefügt worden sind, dass sie die Einheit des
Kunstwerks bilden." Zu einem organischen Begriff des
Schönen, zu einer systematischen Einsicht in das Ver-