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Zweiter
Abschnitt.
geben der historischen Perspektive, die den eigentüm-
lichen Charakter Roms ausmacht, eine unbegrenzte Aus-
dehnung bis zu den ersten Anfängen menschlicher Kultur
im geheimnisvollen Nilthale.
Die literarischen Bestrebungen, mit denen auch die
geistliche Welt Roms bis zu einem gewissen Grad an
den verbotenen Früchten der Aufklärung Teil zu nehmen
suchte, dauerten fort, ja erweiterten sich noch. Neben
die "Efemeridi" trat 1774 noch eine andere Zeitschrift,
die Antologia Rom ana, deren Name in neuester
Zeit wieder aufgelebt ist. Das Blatt war nicht nur
kritisch, sondern auch referirend, belehrend; es ver-
folgte im Ganzen mehr praktische Zwecke, als die
Efemeritli, und die Kunst spielte darin eine geringere
Rolle als in jenen. Um so mehr muss es uns über-
raschen, schon im fünften Bande (1778) eine "Llbersetzung
von des Idyllendichters G essner berühmtem Brief über
die Landschaftsmalerei zu finden; es ist der typische
Ausdruck der eklektischen Lehre, der hier gegeben wird_
und der den in Italien geltenden Anschauungen ebenslj
entsprach wie denen in den germanischen Ländern.
Das Schöne nach seinem allgemeinen Wesen suchte
gleichzeitig ein italienischer Schriftsteller zu ergründen;
es war der Abbate S pagn i, der 1776 seinen lateinischen
dlraktat: Über das Gute, das Schlechte, das Schöne, her-
ausgab. Hier stehen wir noch ganz auf dem Boden
einer rein scholastischen Betrachtungsweise, welche die
neuere Ästhetik, wie sie von England, Deutschland und
Frankreich ausgegangen war, ignorirt. Van muss eine
(lerartige Schrift lesen, um die Bedeutung der theoreti-
schen Leistungen eines hlengs richtig würdigen zu
können. Man staunt über eine Definition wie die des
guten Geschmackes: er sei ein Urteil über die thatsach-
liche Güte einer Sache, auch in Bezug auf ihre kleinsten
Teile! Selbst die "Efenieritliif, die keinen sehr hohen
Flug zu nehmen pflegen, bemerken hierzu, der gute Ge-
schmack richte sich nicht auf die Güte oder Schönheit
der kleinsten Teile, sondern auf das schöne Ganze, das.