gewordenen unasthetischen Untensicht der Deckengemälde
abzuweichen, und wo er zugleich in dem Lichtmeer,
in Welches das Ganze getaucht ist, die Fülle und
Kraft eines Kolorits entfaltete, die dem Fresko
damals verloren gegangen war, wo aber die Kom-
position noch nicht zu klassischer Durchbildung ge-
kommen ist, und die Gestalt des Heiligen aus dem
Rahmen der Engel und Seligen unorganisch her-
austritt. Das zweite ist das berühmte Hauptgemalde im
Hauptsaal der Villa Albani, der Palrnass, das Winckel-
mann überschwenglich pries und viele Zeitgenossen
Rafaels gleichnamigem Fresko an die Seite stellen; in
Wahrheit dürfte dies das scluvacliste unter den drei
Deckengemaslden sein; denn die Composition ist sehr un-
befriedigend, die Figuren neben einander gestellt, ohne
an einander viel Interesse zu nehmen oder das Interesse
des Beschauers besonders zu erwecken. Dagegen ist
das Vatikanische Fresko sowohl in der Composition als
im Colorit- zu einem durchaus harmonischen, befriedigen-
den Ganzen gestimmt und ist zugleich von einem Hauch
von Grösse belebt, der in Mengs-Werken sehr selten ist.
Der grimmigz; blickende Genius der Zeit, der die Sense
im Arm auf dem Boden kauert, erscheint wie ein In-
begriff des Elends, durch das die Geschichte fortschreitet;
aber der heiter" aufwärts gerichtete Blick der Muse, die
auf seinem Rücken am Buch der Geschichte schreibt,
gibt das Vertrauen, dass diese scheinbar herrschende
finstere Macht in Wahrheit doch in einer höheren auf-
gehoben ist. Die Nebeniiguren Janus, Fama u. a. fügen
sich glücklich ein. Auch die übrige künstlerische Aus-
schmückung des Raumes, die gleichfalls Mengs zuiiel.
ist gut gelungen; besonders gehört die Gestalt
des Moses zu dem Besten, was er erreicht hat.
So dürfte dieses Kabinett im Ganzen den vorteil-
haftesten Begriff von seinem Können geben. Was auch
an diesem wie an Mengs' gesammtem Schaffen mangelt,
die unmittelbare Sprache des Genius, die Herrschaft einer
starken Persönlichkeit, welche die Tiefen des Lebens