Erster
Abschnitt.
genössischen Maler so weit überlegen sind, und noch heute
ist ihr Reiz nicht erstorben, noch heute können wir be-
greifen, wie sie die Sehnsucht nach dem südlichen
Zauberlande überall entfachen mussten. Der Künstler
sah die Ruinen, wie Goethe sagen würde, „mit grossen
Augen"; auch das Unbedeutende, durch die Umgebung
Entstellte, Geschandete erscheint in seiner Darstellung
eindrucksvoll, auch in der Zerstörung jeder Zoll könig-
lich wie Lear im Bettlerkleide. Und die, Welche nach
Rom pilgerten, schon Vorbereitet durch die Blätter des
Künstlers, sahen auch dort dann mit seinen Augen.
Erhielt nun das Kunstleben durch die Erhebung;
(Tleniens XIV. eine belebende Förderung, so wurde gleich-
zeitig speziell der französischen Kunst eine sehr günstige
Lage geschaffen, als die Vertretung des französischen
Staats von dem Cardinal Claude Frangois Joseph de.
Bernis übernommen wurde. Dieser trotz seiner kirch-
lichen Würde doch ausschliesslioh national-französisch
gesinnte glänzende Weltniann wurde bald eine der
markantesten Persönlichkeiten Roms. Seine fürstliche
Geselligkeit, sein treffliches Kunstverständnis, seine
wahrhaft vornehme, über das römische Intriguenwesen
erhabene Sinnesart gaben ihm schnell eine hervorragende,
ja einzigartige Stellungz Dreiundzwatnzig Jahre lang'
(seit 1769) bekleidete der Cardinal die Botschafterwürde,
welche ein Jahrhundert später Pius IX. dem Deutschen
Hohenlohe nicht zugestehen wollte, und legte sie erst.
in Folge der kirchenfeindlichen Haltung der Revolution
nieder. In diese Zeit fallt der glänzende Aufschwuing;
der französischen Kunst durch David, an welchem die
zweckmassige Förderung des Cardinals ein entschiedenes
Mitverdienst hat. 1.775 erschien der Schöpfer der klas-
sischen Historiennialerei in Rom, um hier in kurzer Frist
seine berühmtesten Werke, vom "Belisart" an, zu schaffen,
die für die Malerei in ganz Europa ein mächtiges Vor-
bild wurden. Die französische Plastik war in Rom be-
reits auf einer glücklichen Bahn, als der Cardinal dort
eintraf. Etwa seit 1760 lebte Jean Antoine Houdon