Einleitung.
XV
schmackvolles Kunstwerk noch ein iterständnisvolles
Kunsturteil möglich sei. Wenn es gegenüber solchen
Vorurteilen einem Mengs gelang, in Italien die all-
gemeine Anerkennung zu erringen, dass er Rafael er-
reicht habe, wenn Winckelmann es dahin brachte, von
den einheimischen Archäologen und Antiquaren unbedingt
als die höchste Autorität betrachtet und vom Papst zum
Vorsteher der römischen Altertiimer ernannt zu werden,
so darf man unumwunden aussprechen: wenige Söhne
Deutschlands haben soviel für die Anerkennung" des
deutschen Namens in der Fremde gethan als diese beiden
Bewunderer der Antike und der italienischen Renaissance.
Die Bahn ist den Deutschen durch sie in Rom gebrochen
worden; sie haben die Entstehung; jener deutschen Künstler-
Republik auf fremdem Boden durch ihr persönliches Ge-
wicht erst ermöglicht.
Obgleich es scheinbar naher liegt, die hauptsächliche
Bedeutung dabei dem Künstler zuzuschreiben, so muss
tatsächlich doch Win ck elma n n an allererster Stelle ge-
nannt werden. lllengs war lange in Madrid abwesend,
wo er im Auftrag; des Königs arbeitete; YVinckelmann
war seit seinem ersten Eintreffen beständig dreizehn
Jahre lang' in Rom. Seine Schriften giengen in starken
Auflagen durch die ganze gebildete Welt; die Werke
des Malers mit Ausnahme der wenigen, die er für
Dresden malte konnten nur denen bekannt werden,
welche selbst sie im Süden aufsuchten. Aber auch die
Persönlichkeiten beider lllannei" veranlassten einen ver-
schiedenen Grad der Wirkung. llflengs, ganz seiner Kunst
hingegeben, wollte nur durch sie wirken, und g'ie11g' in
leidenschaftlichem Arbeitseifer persönlichen Berührungen,
die ihn störten, gern aus dem Wiege. Winckelmann dagegen,
von der Begeisterung eines Propheten für seine neuen Er-
kenntnisse beseelt, widmete sich nicht nur in Rom gern dem
Verkehr mit Einheimischen und Fremden, sondern unter-
hielt auch einen ausgebreiteten Briefwechsel, in welchem er
die Fülle seines Flntzilckens auszugiessen liebte. Und so
wirkte er durch ltede, Schrift und Druck, in das Element, in