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Siebenter
Abschnitt.
von den alten simpeln Begriffen und Regeln, die von (ler
Natur ausgehen und zur Natur wiederkehren, rein.
sondern bis zur ilnkenntlichkeit, verschoben und ver-
schroben gefunden; jedes Stück, jede Regel einzeln von
dem Ganzen getrennt und doch ungewiss. lllelnrere von
den grossen theoretischen Regeln der grossen Meister
leben nur noch in ihren Werken und sind ganz unhe-
kannt geworden." Ü) Meyer, der sich eben rüstete. mit
Goethe in dessen Propyläen die tiefste theoretische und
praktische lilrkeuntnis der Kunst auszusprechen, war
natürlich von dieser Ziellosigkeit und Haltlosigkeit sehr
unerfreulich berührt; auch mit den früheren Freunden,
soweit sie noch in Rom waren, den Bury, Hirt, Rehherg'
fand er sich nicht mehr zusammen, und in der Haupt-
sache nur mit Angelika Kauthnann, von der er fand, sie
sei jünger und frischer geworden und male besser als
ehemals, besonders ihr Porträt des Prinzen August in
schottischer Tracht rühmte er.
Bei den Künstlern, W8iCi18 sich zu Carstens feindlich
gestellt hatten, machte sich die Neigung geltend, jenseit
der illeriode des "Höhestandes der Kunst ihre Muster zu
suchen. Schon iing' man an, den früheren Rafael dem
spatern vorzuziehen. hleyer war besonders darüber ent-
rüst-et, dass die Verklaruing Vielfach angegriffen wurde,
und zwar von Personen, denen man im Allgemeinen
Urteil zutrauen durfte, wie hlatthisstin. Friederike Brun.
ja sogar Fernowls), der erklärt haben sollte, dass die
Grablegung höher zu schätzen sei als jene letzte und
freieste Schöpfung; Rafaells. Man weiss, wie Goethe in
der „Italienischen Reise" begeistert von der „'Verklär1111g"t
gesprochen hat, und man kann ermessen, wie ihn solche
Berichte Meyer's verstinimten. Wie musste ihm aber
erst zu Mute werden, als seine früheren Freunde in Rom
ihn zum Verfasser eines Buchs stempelten, welches diese
Missurteile in eine Art von gefühlsmassigem System zu
bringen wusste und ihnen auch in Deutschland einen
Anhang verschaffte: Wa.ckenroder's Herzensergiess-
ungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Es gieng