XII
Einleitung.
Rom als architektonisches Bild war es jedenfalls nicht,
was Mengs und Winckelmann anzog. Auch die mittel-
alterlichen TFürme, welche damals noch zahlreich, als
Reste und Zeugen der trotzigen hilachtstellung adliger
(Älestwhlechteic, emporratgten, konnten die Verehrer des Alter-
tums und der Renaissance nicht anziehen. Dafür aber
irar die ganze Ruinenmasse, die sich vom Kapitol aus
über die Hälfte des Stadtgebiets erstreckte, und die Villen
und Vignen, Welche dieses ganze Trümmerfeld mit ihrer
ernsten und lieblichen Vegetation durclnvachsen und über-
deckt hatten, eine einzige zauber-volle und traumhafte Er-
innerung an die Zeit, Welche als die ideale des Äleuschenge-
schlechts erschien. Noch waren die Ruinen nicht in der
künstlichen Art, wie wir heute sie sehen, isolirt und gereinigt,
noch rief nichts den kalten Eindruck eines llluseums her-
vor; noch Waren die antiken 'l'rümmer lebendig: freilich
zerschlztgen und zerstört von Menschenhainl. aber da.-
für von der Natur mit dem Reichtum herrlichster (traben
überschüttet. Die zerfallenden Bauten selber schienen
Erde und Felsgestein geworden. und an den Wänden
des kapitolinischen oder palatinischen Hügels vermochte
der Beschauer lllenschernverk und Naturwerk nicht zu
unterscheiden. An andren Punkten freilich boten nlanche
der bedeutungsvollsten Statten noch nicht den malerischen
Anblick wie heutzutage, so die Piazza del Popolo, das
Kapitol, der (Quirinal; von den Obelisken, welche ein so
(rharakteristischer Bestandteil des römischen Stadtbildes
sind, lag ein beträchtlicher Teil (lamals vergessen am
Boden. Noch stand die aeg-jyrptische Nadel nicht auf dem
Monte Cavallo, nnd die beiden Dioskurenstatueu bildeten
mit ihr und (ler Irbntaine noch nicht die malerische Gruppe,
an der wir uns heute erfreuen. Dem Kapitol fehlten
noch die Gartenanlagen, welche jetzt den Aufgangj ver-
schönern; der Monte Pincio war noch nicht zum öffent-
lichen Park umgeschaffen und auf Piazza del Popolo stand
wohl schon der (Jbelisk aufgerichtet. aber die umgeben-
den Springbrunnen mit den monumentalen Löwen fehlten
noch. In völlig naturwüchsiger Einfachheit, teils ganz