Volltext: Deutsches Kunstleben in Rom im Zeitalter der Klassik

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Siebenter 
Abschnitt. 
Von deutschen Kritikern fand Fernow in Rom nur 
noch Hirt vor, welcher Carstens gegenüber eine traurige 
Verstandnislosigkeit bewährte. Vornehnl schrieb er an 
Goethe: „Ein anderer Professor aus Berlin (neben Reh- 
berg(!), den er soeben sehr gelobt hat), ist eine Genie wie 
hIüllerC). Seit zwei Jahren macht er Compositionen über 
Compositionen, ohne weder zeichnen noch malen zu können." 
Ein Griff von ganz besonderem Taktgefiihl war es, Car- 
stens gerade mit Müller zu vergleichen, der am boshafte- 
sten gegen ihn vorgieng. Zu immer grösserei" Bedeutung 
entwickelte sich dagegen damals in Rom der Däne Georg 
Zoega (geb. 1755), der feines Kunstverstandnis besass 
und sich auch mehr und mehr an die Deutschen auschloss. 
Aber Zoega, eine strenge und aufopferungsvolle Gelehrten- 
natur, beschränkte sich ganz auf sein Altertumssttitlium 
und wandte den neueren Künstlern keine Beachtung zu, 
so dass auch er Carstens nicht nicht viel gewähren 
konnte. 
So war Fernow sicherlich der Einzigberufene, in Rom 
Carstens" Werk zu Ehren zu bringen, und es lag etwas 
Providentielles darin, dass er 1794 dort eintraf, ein hal- 
bes Jahr ehe Carstens die Ausstellung eröifnet-e, welche 
den Gipfelptulkt seines künstlerischen Wirkens bezeich- 
nete. Schon vorher hatte er Aufsehen mit seiner Com- 
position „Die Argonauten bei ClIiTOII" erregt, in welcher 
er eine frühere Berliner Arbeit in grösserein Stil und zu 
vollständigerer Einheit, umgearbeitet hatte. Nun wagte 
er es eine ganze Sammlung seiner Zeichnungen zur Aus- 
stellung zu bringen, und mit einer bedeutsamen histori- 
schen Symbolik geschah es „i1n Hause des verstorbenen 
Pompeo Batoni". Dort- wo der Hauptvertreter italienischer 
manierierter Kunst gearbeitet hatte, wo noch jetzt die 
Werke seines Nachlasses gesammelt standen, da feierte 
eine neue, lebendige deutsche Kunst ihren 'l'riumph. 
 Es Waren elf Arbeiten, welche Carstens hier ver- 
einigt hatte. Oelgemälde befanden sich nicht darunter, 
weil der Künstler diese Technik niemals gründlich durch- 
gearbeitet hatte und sich wohl bewusst war, in ihr nicht
	        
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