Volltext: Deutsches Kunstleben in Rom im Zeitalter der Klassik

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Abschnitt. 
d. h. es müsse nur nach den ihm innewohnenden Regeln 
seiner natürlichen Bildung auch künstlerisch gebildet sein. 
In Carstens fand Fernow den Künstler, welcher dieses 
leistete, und ZWRT nicht so sehr in seinen Einzelgestalten, 
deren Bildung liianches vermissen liess, als in seinen 
Compositionen. Jede Gruppe, die er schuf, in der ein- 
fachen Absicht irgend eine Scene der Geschichte oder 
Sage wiederzugeben, wiurde unter seiner Hand ein typi- 
sches Bild, in welchem sich bestimmte Beziehungen des 
menschlichen Lebens in vorbildlicher Wahrheit und Klar- 
heit darstellten. YVas man in der Poesie besonders an 
„Her1nann und Dorothea" gerülunt hat i), die vertiefte, 
nach Goethe's eigenem Ausdruck symbolische, Bedeutung 
der doch einfach aus dem Leben gegriffenen Personen 
und Handlungen, das findet man nicht minder in den Ge- 
stalten der "Helden im Zelt des Achill", der "airg-oiiauteii 
bei Chiron" und in dem gegenseitigen geistigen und 
körperlichen Bezug; welchen ihnen der Künstler g'egeben 
hat. Eine vollkommen freie, naturhafte, jeder Manier 
entivachsene Darstellungskraft hat hier die gesetzmässige 
Vollendung der höchsten Kunst erreicht. 
Fernow setzte nun seine ganze Kraft daran, die Mit- 
welt. darüber aufzuklären, was hier geleistet war. Mit 
jugeinlliclieni Feuer gieng er in Wort und Schrift auf 
dieses Ziel los. Er hatte das beglückende Bewusstsein, 
das nur selten dem Menschen geschenkt wird, für den 
besten Teil seiner Einsicht und Kraft die schönste Auf- 
gabe vom Schicksal selbst zugewiesen zu finden; er zögerte 
nicht sie zu erfüllen. Doch bevor wir seine, zuletzt von 
glänzendem Erfolg gekrönten Bemühungen verfolgen, sei 
hier zunächst auf den damaligen Zustand der Theorie 
und Kritik in Rom hingewiesen. Wir kennen das im 
Allgemeinen noch so niedrige Niveau der Kenntnisse und 
des Urteils; wir haben aber auch schon Spuren bemerkt, 
in denen sich das fiüchtige Vorübereilen neuer, wertvollerer 
(Gedanken ausdrückte. In dieser Unsicherheit, welche 
auf fremde Hülfe zu harren schien, blieb man auch jetzt 
noch stecken. Ein trauriges Zeugnis schlimmsten Manieris-
	        
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