römische
1792
XVirksa mkeit
1797.
123
brachte, wurde durch Fernow zuerst in Rom bekannt.
Und wie in der Poesie die klassischen Werke Goethe's
und Schillers aus der Zeit ihres Freundsehaftsbundes
im Geist dieses von ihnen hoch verehrten Kantischen
W erkes geschaifen sind, so hat in der bildenden Kunst
das Schafen 1'011 Carstens die Gedanken, man dürfte fast
sagen die Ahnungen des am öden Ostseestrande sinnenden
Philosophen in Taten umgesetzt. Wer leichtherzig heute
Carstens verdammt, der verdammt ein Stück der leuchten-
den Kulturhöhe unserer g'eistesgeivt'altigsten Zeit, und er
müsste folgerecht die ganze verdannnen und sich wie zu
den Spielereien der Roccocokuilst, so auch zur lieblichen
Schaferpoesie zurückwenden.
Als ein Jünger Kaufs brachte Fernow die Lösung;
der grossen Frage nach Rom, welche seit lllengs, Ab-
handlungen die Tlheoretiker und Kritiker beschäftigte.
wie der Künstler die Erreichung des Idealschtinen mit
der Xaturnaclial1n1ung' zu vereinigen habe. "Es kann
keine objektive Geschmacksregel, die durch Begriffe be-
stimmt, was schön sei, geben", dieser befreiende Grund-
satz Kants strich alle ängstlichen Bestimmungen, die
lilengs versucht hatte, aus der Reihe des Giltigen und
Wertvollen. Dass das Schöne überhaupt kein abstrakter
Allgemeinbegriif sei, sondern nur in Bezug auf den er-
scheinenden Gegenstand zu denken und von ihm unzer-
trennlich sei, das war die Einsicht, in welcher jene beiden
scheinbar widersprechenden Idorderungen vereinigt werden
konnten. Die ..N0r1nalitlee" nannte Kant jene Vorstellung
eines Gegenstandes. welche seiner schönen Erscheinungs-
form entsprach; glücklicher redete Goethe von dem
Qllypus". in welchem sich das Wesentliche, ewig' Gesetz-
mässige einer Gattung' zusammenfasste. Und was das
praktische Ziel des Künstlers sei, der dieses Typische
(larstellen wolle, das drückte Kant mit den schlagenden
Vbrten aus: an einem Produkt der schönen Kunst müsse
man sich bewusst werden. dass es Kunst sei; aber es
müsse von allem Zwang Wlllkll1'il(3ll6l' Regeln so frei
scheinen als ob es ein Produkt der blossen Natur wäre;