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Siebenter
Abschnitt.
war in Rein jetzt nicht zu ünden. Und auch der durch
lange Jahre so rührige Vermittler und Connnissionäi-
Reiffenstein fand damals sein Ende.
Iin Herbst 1793 besserten sich die Verhältnisse
wieder einigerinassen und es trat wenigstens Ruhe ein
man könne doch wieder auf Arbeit hoffen, schrieb Bury
an Goethe. Der grosse Fremdenstroin blieb freilich noch
lange aus; aber es kamen doch Einzelne wieder. Be-
sonders war es von Wert, dass der Prinz August von
England sich für einige Jahre in Rom niederliess. Durch
seine Stellung als Angehöriger eines der ersten souve-
ränen Hauser vor allen persönlichen Belästigungen ge-
schützt, wählte der Prinz sich mit ächt englischer Origi-
nalität, gerade die Zeit für seine Niederlassung in Rom,
da jeder, der konnte, die Stadt verliess. Seine Ankunft
kam den Künstlern zu Gilte; von den Deutschen war
es Fritz Bury, der zuerst den Auftrag erhielt, das Por-
trät des Prinzen zu malen, und später durch eine Reihe
anderer Bestellungen in dauernde Beziehung; zu ihm, und
dadurch in eine bessere Lage kam. Carstens aber War
nicht der Mann, um von einer solchen Erscheinuirg;
Nutzen zu ziehen. Weder malte er Porträts noch ar-
beitete er überhaupt auf Bestellung". Er wartete auf
das Publikum, welches seine Werke zu würdigen VET-
mochte, aber er hätte vielleicht vergeblich gewartet und
hatte in Verzweiflung zu (lrunde gehen müssen, wenn
die Hilfe ihm nicht von einer Seite gekommen wäre,
Welche die Künstler gewöhnlich am allerwenigsten
schätzen: von einem Theoretiker und Kritiker. Karl
L ud wig Fernow wurde Cairstens" Prophet; ihm hatte
der Künstler es zu danken, wenn er wenigstens am Abend
seines Lebens das Gefühl des Ruhmes kosten durfte. Es
war das kein Zufall, sondern in dem Fortgang der all-
gemeinen Kunstentwickelung; begründet. Wie Carstens
als ein Mann neuer künstlerischer Schaffenskraft, so kam
Fernow als eine Verkünder neuer künstlerischer Einsicht
nach Rom. Die grosse Umwälzung, Welche Kant durch
seine „Kritik der Urteilskraft" in der Aesthetik hervor-