120
Siebenter
Abschnitt.
und sich zugleich als natürlich und als erhaben erwies.
vaEr war", sagt sein Biograph, „bei jeder Gelegenheit.
wo er Menschen tätig und handelnd sah, desto aufmerk-
samer auf Bewegung und Ausdruck; und in dieser Hin-
sicht war Rom, wo ein kunstsinniger Beobachter keinen
(lang; durch die Strassen machen kann, ohne auf eine
Menge malerischer Bilder aller Art zu stossen, für ihn
die vortrefiiichste Schule der Kunst." Dass aber die,
welche er verachtete, nun auch an dieser seiner Manier
die schärfste Kritik übten, kann nicht verivundern. Sie
nörgelten an den Einzelheiten seiner Arbeiten herum.
welche sie als Ganzes nicht zu beurteilen im Stande
waren, und da. sie in der Tat manches Mangelhafte finden
konnten, so trösteten sie sich bald über die einsame
Strenge dieses Sonderlings, welcher in Wirklichkeit.
weder zu zeichnen noch zu malen Verstünde.
Uebrigens erlitt das Kunstleben Ronrs bald nach
Carstens Ankunft einen fürchterlichen Stoss, welcher an
den Einzelnen die grössten Anforderungen in Hinsicht
der Ausdauer und Zähigkeit stellte, dem aber, der
diese Bedingungen erfüllte, freiere Bahn und sicherern
Erfolg gab. Es war die erste Wirkung der fran-
zösischen Revolutionsereignisse, welche nach
Rom hinüberdrang; und auf welche dann spaterhin noch
so viele andere erschütternde Stösse folgten. Die Mass-
regeln der französischen legislativen Versammlung", welche
sich gegen die katholische Kirche und ihre Priester
richteten, die Auferlegung des staatlichen Eides und die
Absetzung der eidverrveigeinden Priester wurden in Rom
wie eine Kriegserklärung empfunden, und die Kurie selbst
sah es nicht ungern, wenn der Klerus das römische Volk
gegen alles, was französisch hiess, zur Wut anstachelt-e.
Das gelang nur zu g-ut, und auch andere Fremde hatten
(larunter zu leiden. Die französischen Künstler sahen
sich gezwungen Rom zu verlassen. Einen anschaulichen
Bericht der wilden Szenen, welche sich abspielten, hat
uns Bury in einem Brief an Goethe hinterlassen. Das
Volk, heisst es da, wolle mit aller (S-ewalt, keinen Fran-