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Siebenter
Abschnitt.
Glänzend war 'l'rippel's Loos bis zuletzt nicht ge-
worden, obgleich es ihm an Anerkennung nicht gefehlt
hatte. Grosse Wleltmännei" konnten die deutschen Künst-
ler damals nicht werden, wie es Canova am Hof des
Papstes wurde. Sie mühten sich, und mussten froh sein,
wenn ihr Mühen nicht ganz unbelohnt blieb. Carstens
konnte sein Schicksal voraussehen, wenn er an Trippells
(irabe stand; noch nicht fünfzig Jahre alt war der Bild-
hauer seinem Schicksal erlegen, und der Maler erreichte
eben die vierzig mit schon geschwächtem Körper und dem
Bewusstsein der schwersten überstandnen Mühsale. Aber
ihn konnte das nicht erschüttern noch zurückhalten; er
gieng; den Weg AchilPs, den Weg des kurzen ruhmvollen
Lebens, dessen stolze Hoheit- das Geschrei gleichzeitiger
oder späterer Thersitesse nicht zu ändern vermag.
In seiner durchaus selbständigen Eigenart und Be-
strebung wurde Carstens bald von einem der deutschen
Künstler unangenehm berührt, von Rehbergx Dieser
hatte sich bescheiden in den Tadel des Berliner Ministers
gefügt und stand zu ihm wie zur Akademie wieder in
gutem Verhältnis. Auch fanden seine Bilder jetzt in
Rom mehr Anerkennung, wie es z. B. Hirt in einem
Brief an Goethe ausspricht, Rehberg habe sich sehr ge-
bessert, auch im Malen; ,.unter anderm in einem nicht
grossen Bilde, den verwundeten Amor mit Venus nach
Anakreon vor-stellend; es muss jedem gefallentiß) Anders
urteilte freilich Meyer, als er 1796 wieder in Rom
sich aufhielt. 4) Die Akademie hatte Behberg' mit einer
gewissen Aufsicht über die, nach Rein gesandten jungen
Künstler betraut; er glaubte nun auch über Carstens
eine solche Kontrolle üben zu sollen. Carstens seiner-
seits meinte wohl mit Recht, keines Aufsehers zu be-
dürfen. Er wollte überhaupt von der Aikademie unab-
hängig; sein (deren vollberechtigter Professor er ja auch
war), und nur an den Minister von seinen Fortschritten
berichten. So kam es bald zwischen ihm und Reh-berg
zu einer Spannung, die dahin führte, dass Oarstens
schliesslich jeden Verkehr mit jenem abbrach.