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Jhster
Abschnitt.
das Beste zu (entlocken, unermüdlich. All (liese Pligten-
schaften kamen ihr für den römischen Aufenthalt mit
seiner Freiheit und seinem Reichtum an lüindrücken auf's
Beste zu statten, und konnten sich freier entfalten als
im heimischen Kreise. Sie Verkehrte mit dem Papst
wie mit dem burlesken Bettler. mit der römischen Aristo-
kratie wie den deutschen Künstlerbursclien. und war
überall sie selber. Allein Cerenioniell fügte sie sich
standesgemäss; aber mit beständiger, humoristischer Kritik.
Wenn sie dem Papst vorgestellt wird, so "schreibt sie:
"Es war ein komischer und theatralischer Aufzug". Es
war mich nicht anders zu Muthe, als wenn. ich zum heim-
lichen Gericht sollte geführt werden." Wenn Sie in die
altväterische Akademie der Arkadier aufgenommen wird.
so berichtet sie nach überstandener Feierlichkeit: „Mir
war es nicht anders zu niuthe als wie ein nasser Pudel." Von
den Gesellschaften der Aristokratie sagt sie: „Eine italie-
nische (lonversazione ist das Aller-Abgeschmackteste, was
man sich denken kann; es wird kein (lauernder Discurs ge-
halten, ziemlich viel Witz, aber gar nicht gescheut
mit Htlflichkeit kommt man mit den Italienern gut ab,
mit Sentiments kommt man ihnen nicht an; denn sie haben
keine." Die letzte sehr feine Bemerkung hat auch heute
noch eine gewisse Richtigkeit. eine noch gi-össere für jene
Zeit, da die Enipfindsamkeit in Deutschland, hauptsäch-
lich durch englischen Einfluss zur Herrschaft gekonnnen
und der Unterschied des deutschen und italienischen Cha-
rakters dadurch noch gesteigert war. Wie herzlich und
nachsichtig urteilt (lagegen die Herzogin über den deut-
schen Künstlerkreis! Sie erkennt alle dankbar an.
Reiffensteilfs nverstandige und kluge Weise", das „feine
Gefühl" der „herzlieben Frau" Angelika, den „ar1nen und
guten" Verschaffeldt, „das Kiudchen Bnry". Natürlich
gab sie den Künstlern auch Arbeit; allein das war nicht
die Hauptsache: das Wesentliche war die Hebung der
gesellschaftlichen Stellung' und des Selbstbewusstseins, da-
mit auch des nationalen Bewusstseins, welche durch
das zugleich imponirende und vorurteilsfreie Auftreten der