Volltext: Deutsches Kunstleben in Rom im Zeitalter der Klassik

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Fünfter 
Abschnitt. 
.,Ueber hlahlerey und Bildhauerarbeit in Rom für Freunde 
des Schönen in der Kunst." Die Nüchternheit und Flach- 
heit dieses Buchs spricht sich schon in dem unglaublich 
trocknen Stil aus, der von dem Aufschwung des deut- 
schen Sprachgeistes seit vierzig Jahren keine Anregun g er- 
fahren zu haben scheint. Herr von Ramdohr belehrt uns zu- 
erst über die Absicht, die der Verfasser bei Verfertigungg 
seines Werkes sich vor Augen gesetzt hat: „zu zeigen, wie 
und auf was man bei einem Kunstwerke sehen soll, um 
wahren und dauerhaften Genuss davon erwarten zu kön- 
nen." Gewiss eine sehr wichtige, vielleicht die praktisch 
Wichtigste Aufgabe. Sehen muss Jeder zuerst lernen, 
der die Werke der bildenden Kunst geuiessen will. Aber 
bei Herrn von Ramdohr wird er es nicht lernen, obgleich 
derselbe sich rühmt die Methode gefunden zu haben, bei 
welcher der Schüler angeleitet werde, stets sich zu erinnern 
„Wie, wo, warum er etwas gelernt habe" und dadurch 
in beständiger Folge Vorzuschreiten. An Kenntnissen 
fehlt es durchaus nicht, auch nicht an einzelnen richtigen 
Beobachtungen und Urteilen; aber das Auge ist nur" in 
gewissen Richtungen sehkräftig, und nach anderen von 
einem unheilbaren Staar verdunkelt. Ramdohr schätzt 
die Antike, aber in jener beschränkten, sie versüssenden 
und verzärtelnden Weise, die wvir schon oft kennen ge- 
lernt; er schätzt Rafael als den höchsten modernen Künst- 
ler, aber er urteilt über Miehel Angele so beschränkt wie 
Milizia oder wie Minister von Heinitz. Ueber die Dar- 
Stellungen Gottes in den Deckenbildern der Sistiila urteilt 
er, sie hatten einen zurückstossenden Ernst, der sich mehr 
für einen Zauberer als den NVeltreg-ierer passt"; und von 
den Sibyllen und Propheten meint er, „sie zeichnen sich 
durch eine repra-sentirenrle Ainnassung, durch eine An- 
strengung- von Kräften aus, deren Grund man nicht ab- 
sieht". Der Vorstellungskreis, in dem sich der englisch- 
hannöversche Beamte bewegt, tritt auf unübertreffliche 
Weise in dem untadligen Regel-de-tri-Exenipel zu Tage: 
„Der Ausdruck in den Figuren des Michel Angele ver- 
hält sich zu dem Ausdrucke in den Figuren des Rafael,
	        
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