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iter
Aufenth
alt
1787-
Bonn
1788.
sie auf ihrer ersten Stufe naturalistisch sei; für die allge-
meine Geschichte der Kunst trifft dies ZWal' nicht zu, wohl
aber meist für die Entwicklung des einzelnen Künstlers.
Als zweite Stufe erkannte Goethe die Manier, aber nicht
in (Vilßlll tadelnden Siilne, in welchem wir heute das Wort
lnaiiclleii, sondern in dem Sinne einer individuellen von
der Kunstlerpersönlichkeit geprägten Form, in Welche er
die Dinge, die er nachbildet, giesst und durch welche er
wie durch eine Sprache sein eig-enes Innere ausspricht,
also die subjektive, idealistische Kunstübuiig. Die Dritte,
die beiden anderen iollendende und in der Herrschaft des
Stils vereinigende preist er dann als den höchsten Grrad,
wohin die Kunst gelangen kann, auf dem sie sich den
höchsten menschlichen Bemühungen gleichstellt; diese
Stufe ist nur dem zu erreichen nlöglich, der die "Reihe
der Gestalten" übersieht; sie ruht ,.auf den tiefsten Grund-
festen der Erkenntnis, auf dem Wesen der Dinge, inso-
fern uns erlaubt ist. es in sichtbaren und greiflichen Ge-
stalten zu erkennen". lu (liesen einfachen Sätzen war
ein Progrztmm gegeben, welches die späteren Kunst-
schriften Goethe's nur auszuführen hatten. Volle Wür-
digung' hat es freilich weder als Keim noch als weitastiger
Baum gefunden; die tiefe Klarheit dieser Erkenntnis war
den seichten Geistern zu tief, den tiefen Geistern zu klar:
weder die Plattheit der Aufklarungsleute noch das Ge-
dammer der Romantiker wtar mit ihr zu versöhnen. Was
die letzteren von der Kunst und speziell von römischer
Kunst verlangten, werden wir später kennen lernen; für
die platten Geister aber erschien gerade, als Goethe in
Rom weilte, ein Werk, das eigens für sie berechnet schien,
und den Abstand Goethe's und seiner Freunde von der
Durchschnittslage der deutschen Bildungskreise bezeich-
nete. Friedrich Wilhelm von Ramdoh r, höherer Justiz-
beamter im englischen Kurfürstentum Hannover, war 1784
in Italien gewesen und hatte die Trockenheit des Juri-
sten, die Steifheit des Norddeutschen und den Dünkel
des Englandertums zur Beurteilung der Kunstwerke mit.-
gebracht. Im Jahre 1787 erschien sein dreibändiges Werk