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Fünftx
Abschnitt.
Theorie blldet, konnte er bei Trippel praktisch gelöst
sehen.
Anders lag die Sache bei der idealgesinnteil, zarten
Angelika Kauffmann. Ihr war die Gabe versagt,
innerhalb des Idealen das Charakteristische zugleich dar-
zustellen. Sie versuchte Goethe zu malen; aber es gelang
ihr nicht; vor Allem: sie war selbst nicht damit zufrieden;
sie fühlte sich in sich selbst nicht sicher. Goethe schrieb
darüber: "Angelika malt mich auch; daraus wird aber
nichts. Es verdriesst sie sehr, dass es nicht gleichen
und wertlen Will. Es ist immer ein hübscher BllFSChtf,
aber keine Spur von mir." Tllrotz dieser deutlichen
praktischen Demonstration von rkngelikas Schivächen,
wurde ihr Umgang für Goethe withrentl des zweiten
Aufenthalts doch innner wertvoller; er besuchte gern mit
ihr die Museen und Kirchen und hörte gern ihr Urteil
über die Kunstwerke, so wenig sie auch seinem Streben
nach dem Gewinn einheitlicher (ärundsäitze der Beurteilung
entgegenkommen konnte. Aber es ist und bleibt ja von
dem Künstler gerade für die einfache Betrachtung; der
Kunstwerke so vieles immer von Neuem zu lernen, und.
Goethe wurde von Angelika das einer Künstlerin wohl
anstehende Lob zu Teil, dass sie Niemand noch g-efuntlen,
der so trefflich zu sehen verstünde wie er.
Der Ruhm der Künstlerin wurde übrigens g'erade
damals durch zwei Bilder vermehrt, welche sie für Kaiser
Joseph II. ausführte und mit denen sie seinen lebhaftesten
Beifall errang: Aeneas, der den Leichnam des Pallas dem
Evander übergjiebt, und durch den altdeutschen Gegen-
stand bemerkenswert Arminius, den bei der Rückkehr
aus der Schlacht Thusnelda bekränzt.
Zu dem alten Kreise deutscher Kunstfreuinle traten
in dieser Zeit auch noch neue hinzu, Welche mit dem
berühmten und gegen Jedermann wohlwollenden Lands-
mann in Berührung traten. Friedrich Rehber g bietet
in der Tat wenig Interesse über die Beziehungen hinaus,
in welche Goethe zu ihm trat. Er war schon als Jüng-
ling reinige Jahre in Rom gewesen und hatte noch Mengs'