Volltext: System der Künste

NA CHAHMUN G 
UND 
STIL ; 
MEISTERSCHAFT ; 
KLASSIZITÄT. 
Existenzzweck auch des Holzschnitts in erster Linie Nachahmung ist  
und dass derselben das Material prinzipiell nur negativ gegenübersteht. 
Ein besonderes ästhetisches Vergnügen an der Procedur kann nur in 
jenem Fall vorkommen, während das Vergnügen an der erscheinenden 
Vorstellung allein das unmittelbare, rein ästhetische ist. Wollte man 
in der Malerei von einem positiven Stil der Ölfarbe sprechen, so könnte 
man dabei nur eine besondere Hervorkehrung der ganzen koloristischen 
Kraft derselben im Auge haben. Ein einfacheres Verfahren erschiene 
dann gleichwohl als zulässig, weil die Ölfarbe eben die letztere Mög- 
lichkeit praktisch gewährt: man kann auch bei einer kühleren, aquarell- 
oder freskoartigen Behandlung bleiben. Das Verhältnis der Technik 
zur Realität wäre hier gerade das umgekehrte, wie beim Holzschnitt. 
Als Beispiel für jenen Fall dürften dann die Niederländer, für diesen 
etwa wieder Rafael angeführt werden. Die Ölfarbe ist überhaupt als 
völlig immateriell und realistisch absolut zweckmässig anzusehen. Darin 
ist sie allen anderen technischen Mitteln der bildenden nachahmenden 
Kunst überlegen. Ein objektiv verursachtes negatives Moment der 
Darstellung kennt die Ölmalerei nicht. Die moderne Aquarellmalerei 
aber ist unbeschadet ihrer Solidität und daher mit Recht bemüht 
gewesen, der Ölfarbe an Tiefe näher zu kommen, als es vorher der 
Fall war. 
Möglich ist eine Verschiedenheit der Stile verschiedener künst- 
lerischer Individuen natürlich auch dadurch, dass sie absolute Gesetz 
der Darstellung gewohnheitsmässig verletzt haben. 2) Wenn man des- 
halb vom „Stil eines Künstlers" spricht, so ist damit garnicht gesagt, 
dass dieser Stil ein guter oder meisterhafter, sondern nur, dass er ein 
erkennbar individueller sei. Es entsteht nun die Frage, welche Stil- 
verschiedenheiten möglich sind, ohne dass dadurch der Begriff der 
Meisterschaft verletzt wird oder, auf welche Weise eine verschiedene 
Individualität von Meistern, denen die letztere Eigenschaft unstreitig 
zugesprochen werden muss, überhaupt denkbar ist. 
 Mit der gföSSßren Freiheit der Darstellungsweise geht allerdings häufig eine 
gewisse Verrohung und Kleckserei Hand in Hand. Aber diese muss man bekämpfen, 
nicht jene.    Es ist doch wohl nur aus historischen und praktischen Gründen, 
aber nicht logisch gerechtfertigt, wenn Bruno Bncher in seiner verdienstvollen 
"Geschichte der technischen Künste" _(Ber1in und Stuttgart 1886) auch den 
Holzschnitt und Kupferstich abhandelt. Denn das sind nachahmende, die sog. 
"technischen" aber sind kosmische Künste. Bucher schreibt aber eigentlich eine 
Geschichte der Technik gewisser Kleinkünste. 
2) Dies bestreitet Rumohr (a. a. O. S. 103 u.) mit Unrecht. Denn hierüber 
entscheidet ganz allein der Sprachgebrauch.
	        
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