N ACHAHMUNG
UND
STIL ;
MEISTERS CH AFT;
KLASSIZITÄT.
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setzmässigkeit gemeint sein, z. B. bei einem Iapanesen oder bei einem
Kabylen; die Stileinheit ist an dessen hässlichem Kopf etwas Schönes,
und im Übrigen wird er nur unter dem Gesichtspunkt des Realismus
schön gefunden. Kehren wir nunmehr zu den nachahmenden Künsten
zurück.
Dem stilisierten Bild steht das naturalistische Abbild gegenüber.
Wir haben in einem früheren Abschnitt gezeigt, dass eine pure
Verwechslung dazu verleitet, die naturalistischen Bilder als dem Prinzip
des Idealismus widersprechend anzusehen. Nach dieser Richtung hin
kommt es allein darauf an, ob die naturalistischen Bilder Schönes oder
Hässliches darstellen, aber nicht darauf, ob das Schöne mehr oder
weniger naturwahr dargestellt ist. Dagegen hebt die gemeine Täuschung
den Kunstgenuss auf. Allein ob deshalb die Hinzufügung eines nega-
tiven Momentes zum Bilde geboten ist, das richtet sich, wie wir nach-
gewiesen haben, lediglich nach dem subjektiven Bedürfnis. Und dieses
Bedürfnis besteht erfahrungsgemäss bei den mit Rahmen versehenen
Gemälden überhaupt nicht bis zu dem Grade, dass ausser diesem
Rahmen noch eine Stilisierung erfordert wäre. Auch bei den Werken
der Plastik könnte das Postament oder jede andere Abgrenzung des
Bilds gegen die reale Welt vollkommen ausreichen, um die Täuschung
zu verhindern; es kommt dabei garnichts weiter in Betracht, als unsere
Gewohnheit. Dass Bilder, welche einem architektonischen Kunstwerk
subordiniert sind, den Stil desselben annehmen, haben wir soeben
gesagt. Kann es aber auch bei freien nachahmenden Kunstwerken
vorkommen, dass eine Stilisierung erfordert ist?
Die Ästhetik muss sich auf die Erfahrung der Wirkungen des
Schönen und also auch auf die Autorität von Kunstwerken stützen,
deren hoher Rang allgemein anerkannt ist. Es giebt eine Reihe solcher
Werke aus verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Meistern,
welche uns den Eindruck machen, als seien die darin nachgeahmten
Gegenstände stilisiert. Allein wir haben ausreichend dargethan, in
welchem Verhältnis zur naturalistischen Darstellung nicht minder das
subjektive Ideal der Künstler bezw. ganzer Epochen der Kunstge-
schichte steht, wie der Materialstil. Wenn aber aus dem ersteren die
stilisierte Erscheinung erklärt werden kann, dann ist sicher, dass keine
willkürliche Stilisierung vorliegt, dass also auch für das Erfordernis
derselben keine Autorität beigebracht ist. Massenhaft stehen in der
dass der Gegen-
wenn nur unser
I) Vergl. Schiller a. a. 0.: "Übrigens ist es gar nicht nötig,
stand, an dem wir den schönen Schein finden, ohne Realität sei,
Urteil darüber auf diese Realität keine Rücksicht nimmt."