DIE EINZELNEN ERSCHEINUNGSFORMEN DER FORMELLEN SCHÖNHEIT.
Auch im Falle, dass das rhythmische Band in seiner Totalität nicht
überschaut werden kann, supponiert man die Endlosigkeit doch. So
fasst man die Peripherie eines Gebäudes durch rhythmische Bänder
zusammen, wie z. B. durch einen F ries mit MeereswellenI) (wobei das
rhythmische Glied auch in sich selbst bewegt erscheint) oder durch
den Triglyphenfries (wo dieses nicht der Fall ist). Bei ihrem Auf-
treten darf die Reihung nirgends in Abmessungen oder Formen ge-
stört werden, und nur insofern ist sie formelles Gesetz. Will man das
Verhältnis der rhythmischen Reihung zu der Symmetrie in einem Schema
versinnlichen, so würde jener das Schema dieser das
Schema abba oder abccba entsprechen. Aus der begrifflichen Natur
der Reihung folgt ein Gesetz der durchgehend gleichen Verzierung
horizontaler Bänder. Es folgt ferner, dass in korrektester Verwendung
diejenigen Reihen, welche eine Richtung zeigen, einseitig
und gleich gerichtet sein sollen. Eine symmetrische Divergenz
oder Konvergenz zu einem Mittelpunkte verliert an symbolischem Ge-
halt, gewährt jedoch die formelle Annehmlichkeit der Symmetrie.
Rhythmische Reihen sind z. B. F riesverzierungen, Ballustraden, Säulen-
ordnungen, F enstersysteme, die (verzierten) Uberfälzungen der Dielen
einer Vertäfelung u. s. w.
Notwendig wird das Auftreten einer rhythmischen Reihe immer
nur, wenn der Begriff des Bindens und Zusammenhaltens, welchen sie
zu versinnlichen vermag, gegeben ist. jedoch können Reihen in be-
liebiger Anzahl und bei den verschiedensten Gelegenheiten als bloss
formale Elemente zur Verwendung gelangen, ohne dass jener Zweck
vorliegt.
I) Bricht man die Meereswellen (den sog. "laufenden Hund", laufenden Delphin)
in's Viereck, so entsteht der Mäander. Die Entstehung ist aus der textilen Technik
zu erklären.
2) Die einzelnen Glieder können, statt selbst fortlaufend, auch in sich symmetrisch
Sein, z. B. die Eier des Eierstabs, nach dem Schema a b a, aba, ab a oder sie
können alternieren, wie beim Perlstab, nach dem Schema a. b, a b, ab, (Wechsel-
reihung) oder eine Reihe kann einer anderen subordiniert werden, wie z. B. bei
Balustraden (Schema a a b, aab aab ; oder auch bei Säulen- und Pfeilerstellungen.
In den Fällen letzterer Art spricht man von Intersekanz. Der romanische Bau-
Stil hat in seinen Säulen- und Pfeilerstellungen dieses Motiv vorzüglich ausgebildet.
Endlich können solche Glieder, welche gewöhnlich in rhythmischer Reihung ver-
wendet werden und hiezu geschaffen sind, auch in symmetrischer Verwendung auf-
treten; wenn sie eine Richtung haben, wie die Meereswelle, so werden zwei Hälften
entgegengesetzt gerichtet und ist ein Abschluss an den Enden erfordert, z. B. bei
der Verwendung der Meereswelle an einem Fenstersims.
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