DIE EINZELNEN ERSCHEINUNGSFORMEN DER FORMELLEN SCHÖNI-IEIT.
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formeller Erscheinungen auftritt und auch von Ästhetikern mit den-
selben aufgeführt worden ist (so von Semper). Die Richtung vorn
Centrum nach aussen bezeichnet die Abweisung des aussen Befind-
lichen, das F ürsichbestehen des Gegenstandes, z. B. bei der Säulen-
kannelur (im Horizontalschnitt der Säule betrachtet), beim Quasten-
saum eines Teppichs. I) Bilder an einer Wand wird man nicht so
aufhängen dürfen, dass dadurch das Gefühl einer aufwärts strebenden
Richtung entsteht; ein durch ihre Zusammenstellung im Raum be-
dingtes Dreieck wird vielmehr mit der Spitze nach unten zeigen
müssen, denn hier liegt der Begriff des Hängens zu Grunde.
Das Gesetz der Komposition in den Raum beschränkt sich in
seiner Anwendung naturgemäss auf die Verzierung von gegebenen
Räumen, deren Vorhandensein und Form auf beliebigen äusseren
Gründen beruhen kann. Auf die Komposition von Tafelbildern darf
aus dem Gesetz kein unbedingter Schluss gezogen werden. Anders,
wenn die Bilder in einem uns bewussten Abhängigkeitsverhältnis zur
Architektur stehen: dann bestimmt der architektonische Raum als
solcher die Komposition wie bei jeder anderen Verzierung; nur ist
zu beachten, dass es dabei nicht lediglich auf die Konture, sondern
auch auf die Lichtwerte der Farben u. dergl. ankommt, so dass sich
ganz bestimmte Regeln nicht geben lassen. Als klassischste Beispiele
der Komposition freier Bilder in gegebene Räume lassen sich neben
den Metopen- und Giebelkompositionen des Phidias die Schöpfungen
Rafaels in der Farnesina anführen.
Die Komposition in den Raum ist zu betrachten als eine allge-
meinere Äusserung der Symmetrie.
Symmetrie.
Die Symmetrie besteht darin, dass die nebeneinanderliegenden
Hälften eines aufrecht angeschauten Gegenstandes sich wechselseitig
verhalten wie Spiegelbilder. Die Annehmlichkeit der Symmetrie mag
vielleicht damit zusammenhängen, dass das menschliche Gehirn und
Gesicht selbst von symmetrischer, zweifacher Bildung ist und die gleiche
Verfassung einer vorliegenden Erscheinung als wohlthuend empfindet.
T) Die Bündelung, die Umkehrung der Kannelur, bedingt genau die entgegen-
gesetzte Empfindung des Aneinanderschmiegens einer Mehrheit von aussen nach
innen. Sie erfordert eigentlich ein das Bündel zusammenhaltendes Band. Die
Starrheit und die Gemeinsamkeit der BaSiS thut jedoch z. B. beim gothischen Bündel-
pfeiler denselben Dienst, soweit es nötig ist. Man erinnere sich an die Fascien der
römischen Liktoren.