Volltext: System der Künste

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nung nach einem ganz anderen Gesichtspunkte zu erfolgen hat, als 
diejenige einer farbigen Darstellung. 
Die Malerei bietet durch ihr eigentümliches Wesen einigen Ersatz 
für die unmögliche Idealisierung gegebener Gegenstände. So z. B. 
verlangt nach dem Prinzip des Realismus die Darstellung eines Schrecken 
verbreitenden Lindwurmes eine möglichst drastische Erscheinung der 
mit dieser Vorstellung verbundenen, Abscheu erweckenden Eigen- 
schaften. Der Gegenstand kann aber in einem Gemälde, obgleich 
sichtbar erhalten, auf der Fläche dennoch zu einer schönen Verteilung 
der Massen und Führung der Linien gebracht, sowie zu höchster 
koloristischer Pracht erhoben werden. jeder beliebige, an sich häss- 
lich verbleibende Gegenstand kann auf diese Weise ins Schöne ver- 
setzt und der indifferente kann mit einem ästhetischen Interesse ver- 
bunden werden. Von hoher Bedeutung ist dieser letztere Umstand 
in der Bildnismalerei, welche durch den gegebenen Gegenstand am 
engsten beschränkt ist. Diese Form des Idealismus hat auch Rumohr 
anerkannt, und in unserer Zeit haben Bildnismaler wie Canon und 
Fritz August Kaulbach dieselbe in ausgezeichneter Weise zur Anwen- 
dung gebracht. In der Landschaftsmalerei kommt es keineswegs darauf 
an, sogenannte schöne Gegenden abzumalen, sondern die Bedingungen 
der malerischen Schönheit sind davon allein nicht abhängig und nahezu 
für jede Landschaft vorhanden durch die Verschiedenheit der Beleuch- 
tung u. dergl. ja im Gegenteil, die sogenannten schönen Gegenden 
gelangen am seltensten zu einer guten künstlerischen Darstellung. Eine 
Reihe von neueren Künstlern, voran Eduard Schleich, sodann Lier, 
Wenglein, Schönleber, Baisch, Bracht, sind dementsprechend verfahren, 
und haben, häufig zu unserer Überraschung, durch das Hervorkehren 
einer an scheinbar ungeeigneten Vorwürfen dennoch möglichen male- 
rischen Schönheit  abgesehen von einer etwaigen lyrischen Wirkung  
grossen Erfolg erzielt. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass wir viele Erschei- 
nungen gemeinhin für schönhalten, weil sie uns in irgendwelcher Beziehung 
Lust erwecken, währendin Wirklichkeit diese Empfindung nicht auf Schön- 
heit beruht, sondern vielleicht auf einem ethischen Wohlbefinden, und 
jedenfalls die betreffenden Gegenstände zur malerischen Darstellung nicht 
geeignet sind. So erfreuen wir uns am Anblick grüner Berge zwischen 
gelben Feldern und einem hellblauen Himmel, während uns der Aufent- 
halt in einer öden Haide durchaus nicht angenehm ist. Aber die letz- 
tere kann malerisch sehr brauchbar sein, jener Vorwurf ist unbrauch- 
bar. Hierdurch darf sich also der Maler nicht irre machen lassen. 
Bei den Handlungen muss man unterscheiden zwischen dem Schö- 
nen der Handlung und dem "Drarnatischen".
	        
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