DIE SCI-IÖNI-IEIT.
selben in Wirklichkeit oder ganz oder teilweise nur in der Phantasie).
Diese Beziehung des ästhetischen Wohlgefallens ist rein geistiger Natur
und richtet sich an den Verstand; sie ist gleich der Wahrheit. ja sie
bleibt Wahrheit und ist eigentlich nicht Schönheit im gewöhnlichen
Sinn des Wortes; allein sie macht nun einmal ein Moment des Kunst-
genusses aus und muss desshalb auch in einem weiteren Sinn unter
Schönheit begriffen werden. Dann steht hier wenigstens das Schöne
unter einem Vernunftprinzip, dem logischen Gesetze der Identität, und
lässt auf diesem Boden eine weitgehende Beweisführung zu, welche in
allen ästhetischen Erörterungen auch in derjenigen der Idealisten
jeder Art einen grossen Raum einzunehmen pflegt. Dass die Wahr-
heit des Bildes an sich etwas ästhetisch Befriedigendes sei, ist eine
Erfahrungsthatsache, welche durch Lessings Bemerkungen (im Laokoon,
Kap. II) so wenig entkräftet Wird, wie durch die Opposition, welche
gewissen unidealistischen Künstlern gegenüber sich erhebt. Der ein-
seitige Naturalismus als allgemeine künstlerische Tendenz, gegen
welchen sich auch Lessing eigentlich richtete, das Aufgehen in der
blossen Nachahmung ohne Rücksicht auf die Art des Gegenstandes
und den untergeordneten Wert der nebensächlichen Bestandteile einer
Erscheinung, ja mit getlissentlicher Auswahl gemeiner Objekte, be-
zeichnet eine Verkennung des eigentlichen Zieles der Kunstf) ein
bloss realistisches Kunstwerk aber bietet immerhin diese Beziehung der
Schönheit und fordert auch insoweit unsere Achtung. Das Wohl-
gefallen durch Realität kann überall da eintreten, wo zwischen einem
Bild und seinem Vorwurf verglichen wird; das Prinzip des Realismus
gilt also sowohl für die bildliche Erscheinung von Körpern als von
Handlungen oder Begebenheiten.
Das
organisclz
Sclzöne.
Das realistische Bild kann seinerseits eine schöne oder eine häss-
liche Erscheinung darstellen. Im Bereich der bildenden Kunst kommen
in Betracht entweder Körper für sich oder Körper samt ihrer Um-
gebung und im Bilde festgestellten Erscheinungsbedingungen; jene sind
im allgemeinen der Gegenstand der Plastik, diese derjenige der Malerei.
1) Gleich Aristoteles verdammte auch Rumohr, so sehr er das Wesen der Kunst
in Nachahmung setzte, den blossen Naturalismus durchaus. Um zu verstehen, wie
er beides zu vereinigen vermochte, könnte man sich daran erinnern, dass er nur die
Idealbildung verwarf, also darum nicht notwendig die Auswahl des Schönen. Indessen
hat er auf die Schönheit, welche sich erst in der künstlerischen Darstellung erzeugt,
das grösste Gewicht gelegt, (vergl. a. a. O. S. 150).