Volltext: System der Künste

DIE VERSCHIEDENEN BEZIEHUNGEN DER SCHÖNHEIT. 
sollte die Befriedigung stets eine totale sein, d. h. sich auf alle Be- 
ziehungen erstrecken, in welchen der angeschaute Gegenstand schön sein 
kann. jedoch ist die in einer oder der anderen Beziehung stattfindende 
immer schön etwas Schönes. NVie bereits ausgeführt wurde, kann 
nicht beteiligt sein bei der Anschauung der auf Besitz gerichtete Wille 
oder das "Interesse", d. i. der Zweck relativ zum anschauenden Subjekt. 
Das 
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durch 
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In jedem Falle besteht eine Befriedigung, soweit es sich um das 
Bild einer gegebenen Vorstellung handelt, in dem vollen Wieder- 
erkennen dieser Vorstellung im Bilde (bestehe der Gegenstand des- 
Schreibung die Bilder sinnlicher Erscheinungen hervorruft, ferner, wenn sie Vorgänge 
erzählt. Ihr Material befähigt sie ausserdein, Gedanken zu einem unmittelbaren 
Gegenstand des Kunstgenitsses zu machen, indem derselbe durch blosses Nach-Denken 
des Gesagten vor sich geht. Darüber so gut wie über jedes Kunstgebilde kann man 
die verschiedensten Reflexionen anstellen, und dies mag unter Umständen recht 
nützlich sein; aber es ist nicht ästhetische Betrachtung. Was demnach Rumohr, dem 
Zusammenhang seiner Worte nach, nur von der bildenden Kunst sagt: „Dass erst 
die Kunst das geistige Leben und Wirken vollende; dass sie Wünsche und Bedürf- 
nisse der Seele befriedige, welche der Begriff stets unerfüllt lässt"  das muss un- 
bedingt von aller und jeder Kunst gelten. Nicht die Begriffe, deren sie sich bedient, 
sondern die Vorstellungen und Gedanken, welche sie dabei hervorruft, sind der 
Gegenstand der Poesie. Dadurch, dass ihr Bildstoli" in Begriffen besteht, steht sie 
auf ihrem ganz eigentümlichen Gebiet in demselben Verhältnis zum Kunstgenuss, 
wie die bildende Kunst auf dem ihrigen, indem wir nämlich ausgesprochene Gedanken 
ebenso unmittelbar nachdenken, wie wir die Werke der bildenden Kunst unmittelbar 
wahrnehmen. 
Die weiteren Ausführungen Rumohrs bestätigen das Gesagte und sind zu wert- 
voll, als dass sie nicht hier eine Stelle Enden sollten. "Allerdings", fährt er fort, 
„ist in den bildenden Künsten die Geistesart, aus der sie hervorgehen,  nicht 
Wesentlich verschieden von solchem, was vornehmlich den neueren Deutschen in 
einem engeren Sinne Poesie heisst. Die Verschiedenheit beider Künste  beruht 
einzig auf Forderungen des so ganz verschiedenen Stoffes der Darstellung. In den 
bildenden Künsten nämlich wird  in Formen  dargestellt; in der Poesie aber 
beruht die Darstellung  auf einer gewandten Handhabung der Begriffes, welcher 
an sich selbst, wie es einleuchtet, dem poetischen Denken widerstrebt und gerade 
Entgegensteht. Daher denn kann die Poesie  in der Darstellung des anschaulich 
Erfassten mit den bildenden Künsten nicht wohl gleichen Schritt halten. Dagegen 
vermag sie, vermöge des Begriffes, des einzigen Mittlers ihrer Darstellung, in das 
Gebiet des reinen Denkens hinüberzuschiveifen, wie denn auch der That nach Poesie 
und Philosophie meistens Hand in Hand gehen. Die bildenden Künste aber, wie 
unvergleichlich tief und völlig und erschöpfend alles anschaulich Erfasste in ihnen 
dargestellt werden könne, vermögen doch selbst durch jene willkürlichen Zeichen, 
auf denen Bilderschrift und Allegorie beruht, nur mit Unbehülflichkeit auszudrücken, 
was irgend Gutes und Löbliches in Begriffen erdacht worden."
	        
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