DIE
VERZIERUNG.
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sonderheit immer nur unter dem Gesichtspunkt der Realität einer durch
natürliche Erscheinungen gegebenen Vorstellung schön gefunden. Da.
gegen befriedigen uns unter den Artefakten derselben Gattung eine
grosse Anzahl als konkrete Ideen, ohne dass dabei Nachahmung irgend
beteiligt wäre. Denn hier sind wir selbst der Schöpfer und tragen
das Bewusstsein des konkreten Zweckes in uns, don: aber nichtf)
DIE
VERZIERUN G.
Die Verzierung geht hervor aus einem den Menschen ganz all-
gemein eigentümlichen Trieb, sowohl sich selbst als die mit ihnen in
Verbindung tretenden , von ihnen gebrauchten Gegenstände zu
schmücken. Der Wilde, welcher von einer Bekleidung weder zum
Schutze gegen das Wetter noch zur Befriedigung eines Schamgefühles
Gebrauch macht, tättowiert sich doch. Nächstes Objekt des Schmuckes
durch Verzierung sind die Waffen, die Gefässe und Gewebe. S0 wird
man es denn als den natürlichen Gang der Dinge ansehen dürfen,
dass an der Stelle der kosmischen bildenden Kunst anfänglich die
blosse Verzierung von Rohforrnen stand. Die primitivste technische
Kunst, die Töpferei, mag sehr rasch zu einem Ausdruck des Zweckes
in der Form gelangt sein; die NVeberei kommt in der Richtung nicht
in Betracht, denn sie schafft ja nur Flächen. Ganz anders aber ver-'
hielt sich die Architektur. Entsprechend der Kompliziertheit der von
ihr zu erschaffenden Organismen rang noch das ganze vorhellenische
Altertum vergebens nach einem vollkommenen Heraustreten des Orga-
nisch-Schönen aus der blossen Verzierung. Erst die Griechen bildeten,
natürlich durchaus auf der gegebenen historischen Grundlage, eine allen
Anforderungen genügende Formensprache der Architektur aus.
i) In der Schule der Platoniker efhßb sich nach dem Tode des Meisters Streit
darüber, 0b es auch Ideen von Gebrauchsgegenständen geben könnte. Das war
natürlich, weil der Idee göttliches Wesen zugesprochen wurde. Nach De rep. X
sollte man annehmen, dass jener die Frage-bejahtß Vvenn LÄri5tOte1es(Metaph_ XI, 3)
berichtet, Plato habe „den Naturwesen" Ideen zugesprochen, so scheint es nicht ge-
rade nötig: diese Stelle für die Artefakte C contrario auszulegen. Indessen wäre wohl
keine KOIIIIOVCISC Entstanden, Svfrnn Plato sich bestimmt ausgesprochen hätte. Uns
heisst hier Idee lediglich eine dem Begriff entsprechende Vorstellung, und die Kontro.
verse hat dabei ihren Anlass verloren.