Volltext: System der Künste

B. DIE AUS DER THATSACHE DER NACHAHMUNG 
FOLGENDEN KUNSTPRINZIPIEN DES REALISMUS UND 
DES IDEALISMUS. DER NATURALISMUS. 
Wenn wir voraussetzen, dass eine Erscheinung der wirklichen 
Welt der Gegenstand eines Bildes sei, so muss mit logischer Not- 
Wendigkeit das Bild diesem Gegenstande völlig gleich sein. (Logisches 
Gesetz der Identität). Diese Folgerung des Verstandes gilt auch für 
die ästhetische Betrachtung, weil bei derselben die Thätigkeit des 
philosophischen Ästhetik. Obgleich er sich darüber, was er unter "konkreter Idee" 
versteht, nicht mit wünschenswerter Klarheit ausgesprochen hat, so glaube ich doch 
annehmen zu müssen, dass er damit dasjenige bezeichnet, was wir die platonische 
Idee genannt haben, und zwar im Gegensatze zu denjenigen Abstraktionen, welche 
über die sinnliche Erscheinung ganz hinausgehen und in der monistischen Universal- 
idee des Weltalls enden. Dieses letztere ist für ihn die platonische Idee, weil die 
Idee nach platonischer Vorstellung schlechthin abstrakt, also unsinnlich sei und des- 
halb gänzlich unbrauchbar für die Ästhetik (vergl. a. a. O. S. 35 Abs. 2). Er be- 
kämpft energisch diejenigen Philosophen, Welche er als Abstrakt-Idealisten bezeichnet; 
wir werden ihm darin unbedingt beipflichten. Aber nunmehr besteht neben seiner 
konkreten Idee immer noch diejenige, welche wir so genannt haben, es sei denn, 
dass er diese gemeint hat. Für die letztere Auffassung sprechen seine YVorte 
(S. 348 Z. 16 v. o.) gegen Fecliner: "Fechner weiss, dass sich eine realistische Dar- 
stellung von einer idealistischen nur dadurch unterscheidet, dass in ersterer die Idee 
konkreter gefasst ist, aber er dringt nicht zur Forderung einer absolut 
konkreten Fassung durch und haftet statt dessen an der Dehnition, dass Idee 
ein auf einen mehr oder weniger allgemeinen Gesichtspunkt reduzierter Inhalt sei." 
Allein dieses von ihm geforderte Verhalten wäre das, was man in der Ästhetik 
Realismus nennt, und überhaupt nicht Idealismus, also auch nicht „konkreter Idealis- 
mus". Ausserdem hat kein einziger von den Schriftstellern, welche er für letzteren 
in Anspruch nimmt, den Begriff der Idee so konkret gefasst. 
Überhaupt ist es mir zweifelhaft, dass v. Hartmann im Rechte ist, wenn er in 
der Geschichte der modernen Ästhetik den Gegensatz zwischen konkretem und ab- 
straktem Idealismus aufstellt und mit voller Schärfe durchführt. Ich finde vielmehr, 
dass von keinem philosophischen Ästhetiker unseres Jahrhunderts der Inhalt der Idee 
als ein durchweg konkreter gefasst und mit Klarheit festgehalten worden ist. Hart- 
mann selbst giebt zu, dass sich die Konkret-Idealisten des spezifischen Unterschiedes 
Zwischen sich und den Abstrakt-Idealisten nicht vollständig bewusst gewesen seien. 
Hegel z. B., so sehr er unstreitig das Konkretsein der Idee für die Kunst betont, 
Scheint mir doch schliesslich die Darstellung des absoluten Geistes als die eigent- 
liche Aufgabe der Kunst betrachtet zu haben. Seinen Schüler Vischer kann man 
(Vergl. die Anm. auf S. 7) nicht als Konkret-Idealisten bezeichnen, weil er (S 15) 
in jedem Schönen "nicht nur diese oder jene, sondern die Idee" zum eigentlichen 
Gögenstande erhebt, und als Abstrakt-Idealisten deshalb nicht, weil er die abstrakte 
Universalidee doch nur im Besonderen erblickt; er ist vielmehr beides zusammen
	        
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