Volltext: System der Künste

DIE 
OR GANISCHE 
SCHÖNHEIT 
DER 
ARCHITIKTURWERKE. 
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und von einem Ausdruck der ästhetischen Zweckmässigkeit vielleicht 
ganz absieht. 
Bei den niederen Artefakten tritt der innere Zweck gegen den 
äusseren zurück. Dementsprechend müssen naturgemäss auch die 
symbolisch redenden Glieder gegen die thatsächlich bestimmten mehr 
in den Hintergrund treten. Hier verwischen eine Masse von konkreten 
Ideen die Erinnerung an die Gattungen, während man in der eigent- 
lichen Architektur durch das System der Kunstformen stets nachdrück- 
lich auf die platonische Idee hingewiesen wird. 
Bezüglich der zwecklichen Gestaltung der Möbel sagt Semper 
a. a. 0.: „Ein Möbel ist ein Pegma, das in sich Konsistenz hat und 
zu seinem statischen Zusammenhalten des Stützpunktes der Erde nicht 
bedarf. Hierin unterscheidet es sich von dem Monumente oder der 
architektonischen Konstruktion, die unverrückbar ist, weil die Basis 
oder der Boden, worauf sie steht, gleichsam mit zu ihrem Systeme 
gehört. Das Möbel dagegen ist verrückbar. Dies begründet den 
wichtigsten Stilunterschied zwischen beiden, soweit der Stil von dem 
Zwecklichen abhängig ist. Das Möbel soll seine Unabhängigkeit von 
dem Orte, wo es gerade steht, in seiner Form zu erkennen geben, 
muss daher zwar eine hinreichend ausgedehnte statische, aber eine 
möglichst kleine materielle Grundfläche haben, oder mit anderen 
Worten, die Berührungsstellen mit der Erde müssen mög- 
lichst klein sein, aber den Schwerpunkt des fungierenden 
Systems am günstigsten unterstützen." Damit ist das ästhe- 
tische Prinzip festgestellt und bedarf keiner weiteren Ausführung. Im 
Übrigen werden die organischen Formen der Mobilien bei gleicher 
Funktion mit denjenigen der Bauwerke identisch sein müssen. Es 
ergiebt sich, dass die Behandlung eines Möbelfusses als Säule um so 
verwerflicher ist, je beweglicher das Möbel seiner Bestimmung nach 
sein soll. Mit der Annäherung an das feststehende Getäfel dagegen 
dürfen sich auch die Formen der Glieder den monumentalen annähern. 
Die Idee wird in der Folge in vielen Fällen mit derjenigen der 
eigentlichen Architektur identisch sein, und dann ist es unerfindlich, 
warum man nicht ganz dieselben Kunstformen anwenden könnte, wie 
dort. Dies pflegt z. B. bei Buffetaufsätzen zu geschehen, weil dieselben 
ihrerseits auf dem unteren Buffetschrank unverrückbar feststehen. Frei- 
stehende Säulen mag man dabei in dekorativ spielenderen Holzformen 
behandeln, aber auch gegen die strengeren Architekturformen lässt 
sich nichts einwenden. Zu verwerfen ist die bildliche Nachahmung 
ganzer Palastarchitekturen, welche in der späteren Renaissance beliebt 
wurde. Dagegen ist die Beibehaltung der struktiven Werkform, so
	        
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