Volltext: System der Künste

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DIE 
ARCHITEKTUR. 
für den menschlichen Gebrauch (äusserer Zweck) und der Zweck- 
thätigkeit der Teile für den Bestand des Ganzen (innerer Zweck). 
Beide kommen ästhetisch in Betracht. 
 Was den inneren Zweck anlangt, so beruht auf ihm der orga- 
nische Zusammenhang des Ganzen. In den Gebäuden wirken die das 
gesamte Weltall beherrschenden physikalischen Kräfte der Schwere 
und Starrheit; und zwar so, dass letztere die erstere überwindet oder 
ihr mindestens gewachsen ist. Dies findet nicht etwa ein einziges 
Mal bei der Erbauung des Hauses statt, sondern fortwährend, solange 
nicht durch neu auftretende Kräfte der Untergang desselben herbei- 
 geführt wird. pAlso lässt sich das Haus verstehen als ein nicht tgtlä, 
_sondern lebendiger Gegenstand von derartigem Verhältnisseinerggilleile, 
dass das Fortfallen eines einzigen seine Existenz in Frage stellen oder 
aufheben würde. Solche in sich einheitliche und in: jedem ihFErBTeuC 
wesentliche Gegenstände aber sind es eben, welche wir  
mus" bezeichnen. Jedes Haus, auch das gewöhnliche, unkünstlerische, 
TEE von solcher Beschaffenheit, indem es nicht einstiirzt. Wenn jedoch 
das Haus oder sonstige Artefakt ästhetisch als Organismus Wirken 
f, soll, so ist die erste Bedingung die, dass _eine Zweckthätigkeit _von 
gliiedern ersichtlich werde, mit andern Worten, dass die zur Existenz 
Ides Artefakts erforderlichen Funktionen von deutlich gesonderten und 
lin sich abgeschlossenen Bestandteilen desselben erfüllt werdenf) Die 
j Schönheit besteht dann in der gefühlten Angemessenheit der _Glieder 
für ihre Funktion.    
Seine Sonderexistenz und überhaupt seinen Begriff verdankt das 
Artefakt dem äusseren Zweck, für welchen. es dient. Daher bildet 
der äussere Zweck eine notwendige Voraussetzung und Bedingung 
seiner inneren Gestaltung. Wenn wir daher allgemein den Zweck als 
die Idee der Artefakte bezeichnen, so ist damit eigentlich ein System 
_von Zwecken bezeichnet, an dessen Spitze der äussere Zweck stehtf) 
Es lässt sich endlich denken und kommt vor, dass ein Gerät mehreren 
äusseren Zwecken zugleich dient. Dann müssen dieselben bei der 
künstlerischen Durchbildung gleichfalls einen entsprechenden ästheti- 
schen Ausdruck finden, wie z. B. an einer Kanne das Eingiessen, das 
Fassen und das Ausgiessen der Flüssigkeit. Natürlich können sich 
1) In einer Entscheidung V. 7. III. 81 hat das Reichsgericht seine Ansicht da- 
hin ausgesprochen, dass als "Glieder" nur solche Körperteile bezeichnet werden, 
welche "eine in sich abgeschlossene Existenz mit besonderer Funktion im Gesamt- 
organismus" haben. Vergl. Rechtsspr. des  in Strafs. III, S. 126. 
2) Vergl. oben Anm. I) auf S. 29.
	        
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