DRAMA
UND
DICHTKUNST.
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Wenn z. B. Adie Gewänder der Darsteller der Idee entsprechen, so
hat darum nicht etwa die bildende Kunst im Drama mitgewirkt; wohl
aber dann, wenn diese Gewänder für sich und bei ihrer Zusammen-
Stellung mit anderen malerisch schön wirken. Werden die bilden-
den Künste in solcher Weise herangezogen, um eine schöne räumliche
Erscheinung im Drama zu erzeugen, so sind zwei Fälle möglich: ent-
Weder liegt im Drama selbst keine Veranlassung hierzu, oder die
künstlerischen Leistungen nichtdramatischer Art sind durch den Inhalt
des Dramas erfordert.
Letzterenfalls kann ein Zweifel über ihre Berechtigung nicht ob-
walten, da wir es wieder mit der blossen Realisierung des Dramas zu
thun haben. Es ist unthunlich, eine geradezu hässliche Schauspielerin
auftreten zu lassen, während der Verlauf der Handlung durch die be-
strickende Schönheit der Heldin motiviert ist. Bereits im Auftreten
der schönen Heldin aber muss man einen Effekt der bildenden Kunst
erblicken. Dasselbe ist weiterhin der Fall, wenn der Darstellerin einer
idealen Heldin, wie der Iphigenie oder der Walküre, die klassischen
Formen der Bewegung eigen sind, welche sich in unserer Vorstellung
mit dem Wesen einer solchen verknüpfen. Und ist mit dem Wesen
einer historischen Person die Vorstellung eines Vornehmen Reichtums
oder eines feinen Geschmacks verknüpft, so wird die Komposition
ihres Gewandes zu einer entsprechenden malerischen Leistung werden
müssen. Wenn endlich der Sprecher auf der Bühne die Schönheit
der gegenwärtigen Landschaft feiert, so wird diese Landschaft ein
ideales Kunstwerk der Landschaftsmalerei sein sollen. Über dies alles
braucht kaum ein Wort verloren zu werden. Das absolute Mass der
Verwendung begleitender Kunstarten im Drama ist darin zu finden,
dass die positive Erscheinung des Äusseren der Verneinung ihres
Mangels gleichkommt. So ergeben sich aus unserer Auffassung vom
Gegenstand des Dramas die Regeln für jede dabei beteiligte Kunst-
thätigkeit ganz von selbst. Der scenische Schein der Dekorationen
setzt diewVertilgung des Stotflichen der zur Nachahmung benutzten
Materie voraus, sodass die Szene im Rahmen der Bühne steht wie
ein Bild mit beweglichem Inhalt, wie wir dies oben schon auseinander-
gesetzt haben.
Ein anderes Gesamtkunstwerk erkennen wir prinzipiell überhaupt
nicht an. Es wäre nun aber doch eine puritanische Übertreibung,
wenn wir alle und jede Schönheit, Welche nicht aus dem Text un-
mittelbar hervorgeht, aus dem Drama verbannen wollten. I) Eine ver-
I) Im
Kap
sagt Aristoteles:
Poetik
soll man
und jede Lust
„Nicht alle