SCHEIN BARE
VERBINDUNGEN.
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kosmischen Gebildes und dem Gegenstand verzierender Bilder erfordert
ist, soll später Platz finden. Einleuchtend muss keineswegs immer ein
solcher Zusammenhang bestehen. I)
In analoger Weise, wie die nachahmenden bildenden Künste in der
Architektur, können in der künstlerischen Rede poetische Schöpfungen
herangezogen werden. Als eine blosse Verzierung wird aber eine
solche Heranziehung nicht gerade aufgefasst werden dürfen, wenn
freilich auch dem Zitat aus einer Dichtung eine verzierende Eigenschaft
nicht abzusprechen ist.
Wenn nicht nachahmende Kunstwerke nachgeahmt werden,
so liegt gleichfalls keine Verbindung vor. Die nicht nachahmenden
Kunstwerke sind reale Weltgebilde und unterliegen als solche der
nachahmenden Darstellung. Wird diese letztere vom Landschaftsmaler
ausgeübt, so ist nur die objektive Möglichkeit der Existenz des Gebildes
Voraussetzung und irgend welche stilistische etc. Korrektheit völlig
gleichgültig. Wie wir im allgemeinen Teil dargelegt haben, geht der
Maler aus auf eine malerisch schöne Gesamterscheinung der von ihm
auf einer Tafel vereinigten Gegenstände; und diesem Zweck wird archi-
tektonisches F lickwerk meist besser dienen, als ein organisch gedachter
Palast. In der Historienmalerei wird allerdings auch die historische
Möglichkeit der abgebildeten Gebäude mit Rücksicht auf die dar-
gestellten Begebenheiten zu einer naturalistischen Voraussetzung und
ebenso wird dies endlich in der szenischen Dekoration des historischen
Dramas der Fall sein bezüglich der Handlung, welche sich in ihrem
Bereiche abspielt. Die Frage, ob und wieweit diese Voraussetzung
erfüllt sein muss, soll weiter unten ihre Erörterung finden.
Wenn im Epos oder im Drama eine Rede verwertet wird, so
darf diese Rede lediglich mit Rücksicht auf die Realität ihrer Er-
scheinung im nachahmenden Kunstwerk beurteilt werden. So zeigt
denn die Rede des Markus Antonius in Shakespeares ßlulius Cäsar"
in der That wesentliche Eigenschaften der künstlerischen Rede.
Aber im Drama kann ebensogut eine stümperhafte Rede Gegenstand
der Darstellung und als solche schön sein, auch wenn oder vielmehr
gerade weil sie allen Gesetzen der Redekunst ins _Gesicht schlägt.
Hier liegt also ebensowenig eine Verbindung zweier Künste vor, wie
bei der Überordnung nicht nachahmender Kunstwerke über nach-
ahmende. Der ästhetische Gegenstand gehört in beiden Fällen dem
Gebiet einer einzigen, der übergeordneten Kunst an.
Kirchmann hat
Ansicht ausgesprochen.
diese