Volltext: Der Humanismus in der Kunst

Die Üeberschrift „der Humanismus in der Kunst" kann wohl ein 
Befremden erregen, da wir gewöhnlich unter Humanismus nicht eine 
künstlerische Bildung verstehen, sondern die Form, welche von der 
Mitte des 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts in Italien blühte 
und auf die Sprache und Litteratur des griechischen Altertums 
zurückgehend über die Kulturvölker der neuern Zeit sich verbreitete. 
Das Wort Renaissance pflegen wir dagegen in weiterem Sinn auf- 
zufassen und dazu die Kunst jenes Zeitalters ebensogut zu rechnen 
wie seine litterarische Bildung. Die Zeitgenossen der Renaissance 
selbst verstanden unter dem Worte Wiedergeburt, rinascimento, 
nicht bloß die Erneuerung des klassischen Altertums, sondern auch 
die Wiedergeburt von Staat und Religion, aller humanen Kultur, 
ihnen galt daher das Wort Renaissance gleich viel wie Humanität, 
Humanismus. Machiavelli, der inmitten jener Zeitbildung stand, 
verlangt für sein entartetes Vaterland Italien, daß es aus der Zer- 
fahrenheit des mittelalterlichen Feudalstaates zurückkehre zu der 
Art und dem Wesen des Staates, d. h. zur Einheit und Macht 
der Regierung, zum antiken Begriff des imperium romanum, und 
für das Volk verlangt er, daEs es aus der ganzen oder halben 
Leibeigenschaft des mittelalterlichen Lehenwesens zurückkehre zu 
der altrömischen Gemeindefreiheit, der civitas rornana. Ritornare 
al segno nennt es Machiavelli und versteht mit diesem Wort die 
Rückkehr eines von seinem Zweck und Ziel abgeirrten Strebens 
zur Idee, d. h. zu den logischen Merkmalen, notae, durch deren 
übereinstimmende Zusammenfassung der Begrilf oder das Wesen 
der Sache, notio, segno gedacht und erkannt wird. Und was wollte 
die deutsche Reformation anderes sein als die Rückkehr zum Wesen 
der christlichen Religion, zum Ürchristentum gegenüber der Ent- 
artung im statutarischen Dogma und in der Scholastik des Mittel- 
alters, die Rückkehr zu den Quellen des Christentums, welche als 
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