Volltext: Der Humanismus in der Kunst

Feindes. WVährend er in den beiden ersten Wiandgemälden stets in 
Verbindung mit Pallas Athena dargestellt wird, mit welcher auch 
seine Gesichtszüge eine gewisse Aehnlichkeit verraten, erscheint 
hier über dem Haupte des göttlichen Helden die Lyra Apollons, 
Welche nach dem schönen Worte Pindars „der pythische Gott 
seinen Lieblingen gab, um mit der musischen Kraft ihren Geist 
zu innerem Frieden und gesetzlicher Freiheit zu erziehend" Sie 
erinnert uns hier an jenen erhabenen Chorgesang des Aeschylos, 
Wovon wir eine Strophe schon im Göttersaal von Arions Lyra zu 
vernehmen glaubten, und worin Zeus oder der namenlose, unbe- 
kannte Gott von den argivischen Greisen verehrt wird als die streng 
waltende Gerechtigkeit, die durch den Speer der Atriden die Schuld 
des Paris straft. Schlummert vielleicht in Achilleus" Lyra die schöne 
Kehrzeile jenes äschyleischen Chorgesanges: "Wehe! Wehe! Doch 
das Gute Siege?"  Sie klingt so voll und groß, so ganz äschyleisch: 
ocilivov, ocikcvov! "ab Feb vmcirw! Jedenfalls entspricht sie genau 
dem Charakter. den Achilleus überall in der lliasßl und in den 
Bildern des Cornelius bewahrt. Wohl geht in ihm öfter der stolze 
Heldenmut bis zur äußersten Grenze fort, wo er in maßlosen 
Uebermut auszuschreiten droht: aillwoiz, oälzvov, wehe, wehe! rufen 
wir da mit dem tragischen Dichter. Allein immer wieder siegt in 
Achilleus die edle olympische Seele über den titanischen Natur- 
trieb, und das Ebenmaß der innern Freiheit, die Sophrosyne, stellt 
sich wieder her. Die Dissonanz des ailzvov, ocilivorx löst sich in 
die Harmonie auf: Doch das Gute siege! 1b  vixoirw! Mitten 
in dem wilden Vergeltungskampfe, den die peripherische Bilder- 
reihe darstellt, bleibt also der Held der llias, der göttliche Achilleus, 
innerlich frei, und einporgeläutert bewährt er sich ebenso als den 
echten „schönen-guten" Liebling der Götter, des Kitharöden Apollon 
und der Pallas Athena, wie oben in der Centralreihe seine Geliebte, 
die edle Iphigenie, von Apollons Schwester Artemis beschützt und 
gerettet wird, während er selbst, noch um ihren vermeinten Opfertod 
trauernd, neben ihrem Vater Agamemnon am Fuße des Altares 
sitzt. Der Hauptheld des homerischen Epos ist nicht der Held der 
Tragödie, die uns Cornelius schildert. 
Aber im dritten Wandgemälde, dem Endglied der ganzen 
Komposition, bricht das schreckliche Verhängnis über die Troer
	        
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