hesiodischen Theogonie, die Spenderin alles Gutenfiß Im weißen
Unterkleide mit grünem Peplos, auf dem Haupte den Asphodelos-
kranz, den sie auf den Inseln der Seligen gepflückt, den Herrscher-
stab in der Rechten, holt sie aus der Urne den Reichtum ihrer
Gaben. Aber Nemesis und Hekate bedeuten hier nicht bewulätvoll
vergeltende, sittliche Machte, sondern bloß chthonische, physische
Gewalten, sie sind Schicksalsmächte. Daher erscheint über ihrem
Haupte der Schicksalsstern und vor ihren Füläen sitzt der Knabe
Harpokrates, der ägyptisch-griechische Gott des tiefen Schweigens
und des geheimnisvollen Wirkens der Natur. Das Füllhorn mit
den schwellenden Früchten hält er in der Linken, mit der Rechten
aber drückt er den Zeigefinger auf den Mund, als wollte er, wie
Plutarch erklärtfl die Zweifel und Fragen der erwachenden jugend-
lichen Vernunft unterdrücken. So liegt ein tiefer, vernünftiger
Sinn in den mythischen Gestalten der Nemesis und Hekate; allein er
ist verborgen in der äschyleischen Idee des Schicksals, das in den
natürlichen Zusammenhang eines ganzen Geschlechts fernhin durch
die Gliederreihe der Descendenten die Urschuld des Ahnherrn ver-
folgt, so dafä der Unschuldige mit dem Schuldigen leidet. Wie
die Parzen das Schicksal des Einzellebens in seiner organischen
Natur des Entstehens und Wachsens, der Blüte und Reife un-
mittelbar in Händen halten, so überschauen die beiden Schicksals-
schwestern den großen organisch-psychischen Zusammenhang der
Familien und Generationen.
In diesen schönen Gruppen der ruhig durch den Raum fahren-
den Nacht mit Schlaf und Tod und dem voranschwebenden Eulen-
gespann, in der geleitenden Gruppe der Traumgestalten, wie in
den beiden Eckgruppen der Parzen und der Nemesis und Hekate
drückt sich jenes geheimnisvolle Regen und leise Schweben aus,
welches in der Tiefe unserer organisch-psychischen Natur liegt und
die Nachtseite unseres Daseins bildet im Vergleich mit dem hellen
Tag unserer Intelligenz, d. h. unseres selbstbewuiäten Denkens und
Wollens nicht bloß, sondern auch unserer sinnlichen Empfindung
und Begehrung. In den folgenden Hauptbildern derselben Reihe
ist die Tagseite unseres bewußten Empfindens und Begehrens dar-
gestellt, wie sie sich in der Folge der Tageszeiten von Morgen,
Mittag und Abend bis zur Glut unserer Affekte und Leidenschaften