hier gemäß der Modifikation, die Thorvaldsen ihm gegeben, die
verkörperte Weisheit des höchsten Gottes und die Gottähnlichkeit
der menschlichen Vernunft. Es ist auch das Vorbild für den Ent-
wurf und die Gestaltung der drei andern Bilder geworden; jedes
besteht aus einer männlichen und einer weiblichen Figur, in jedem
der beiden Reliefpaare stehen die Frauen in der Mitte des Paares,
die Männer sitzen auf der äußern Seite. In allen vier Bildern
geht die Handlung von den Frauengestalten aus, im ersten von
Pallas, und zu ihr wendet sich das Angesicht des vernunftbegabten
Menschen hin. Im zweiten Bilde verkündet die Nemesis, den Fuß
auf das Rad der Vergeltung von Wohl- und Uebelthat gestützt,
die Gesetze des Rechts und der sittlichen Würde, und Zeus, der
die Abzeichen und Organe seines allmächtigen Willens, den Donner-
keil in seiner Rechten und den Adler an seiner Seite hat, ver-
nimmt aus dem Munde der Nemesis unabhängig von der Allmacht
seines Willens das willenlose Urteil der Vernunft. Hatte Thor-
valdsen im ersten Bilde die Tugend der Weisheit der Antike nach-
gebildet, so hat er im zweiten ganz im Geiste der Antike die
Gerechtigkeit vorgebildet, welche die Alten als mitthronend und
mitwohnend mit dem höchsten Gotte Zeus betrachteten. Im zweiten
Paar der Reliefbilder werden aus dem Heroenmythos die Tugend
der Tapferkeit und die Gesundheit dargestellt: Hebe spendet dem
Herakles als verdienten Lohn für seine irdischen Mühen den Trank
der olympischen Götter, und Hygieia, die Tochter Aeskulaps, nährt
die Schlange, die als Symbol sich verjüngender Lebenskraft um
den Stab ihres Vaters sich windet. Herakles bekämpfte siegreich
die mythischen Üngetüme in der äußern Natur und bereitete den
Grund und Boden für alle Kultur, er überwand auch die gesetz-
lose Willkür der Menschen, Räubergestalten des mythischen Heroen-
tums, und bereitete den Boden für die gesetzliche Ordnung und
Freiheit, die Civilisation. Aeskulap hingegen linderte, wie sein
Vater Apollon, zwar die äußern Leiden der Menschen und förderte
die Gesundheit des leiblichen Lebens, aber er pflegte nicht auch
die innere Harmonie des sittlichen Lebens, wie es Pindar am
delphischen Gotte preist. Die vierte unter Thorvaldsens Tugenden
enthält daher nur einen Anklang und entfernten Nachklang der
vierten unter den platonischen Kardinaltugenden, welche Platon