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Anwendung gebracht werden. Denn da fehlt es
dem Publikum gerade. Wir sind viel eher geneigt,
ganze Epochen mit historischem oder kritischem
Blick zu überfliegen, sogenannte Richtungen in
Bausch und Bogen zu verdammen oder zu preisen,
als ein einzelnes Kunstwerk genau zu betrachten
und uns über den Eindruck Rechenschaft abzulegen.
Deshalb ist Kunstgeschichte in der Schule, wo
sie auf eigener Erfahrung des Kindes nicht ruhen
kann, direkt schädlich. Sie sollte streng verpönt
sein. Wo sie vorkommt, gehört sie meist in das
Gebiet der feineren und auch wohl der derberen
Komik.
Namentlich
Mädchenschulen.
in
Wenn es
die Schule verlässt, hat das arme Kind alles schon
gehabt und kann sich von Herzen für gar nichts
mehr interessieren, denn das Herz, auf das es an-
kommt, hat nichts gelernt.
Dies darf jedoch nicht so verstanden werden,
als sollte das Gefühl noch besonders erregt werden.
Nichts wäre verkehrter als irgendwelche Senti-
mentalität. Was an Ernpfindungsvermögen vor-
handen ist, wird durch die blosse Anleitung zum
Beobachten hinreichend wachgerufen.
Überhaupt keine Worte machen und sehr haus-
hälterisch mit dem Ausdruck der Bewunderung
oder Begeisterung umgehen. Sind sie beim Lehrer
vorhanden, so teilen sie sich unmittelbar mit, und
ein warmes, herzliches Wort wird um so stärker
wirken, je seltener es kommt.
Auf das Kritisieren, diese abscheuliche Ange-