72
ginnen, war auf sich selber gestellt und sorgte
wesentlich nur für die unmittelbar iühlbaren Be-
dürfnisse.
Dieses notwendige Element der Tradition kann
in der beweglichen Masse der Individuen, die vor-
übergehen, nicht Wurzel fassen, sie ist auf das
dauernde Prinzip, den Staat, angewiesen, wenn die
Kultur über eine ungünstige Epoche hinweggerettet
werden soll.
Man ist in Hamburg so sehr gewöhnt, die
Pflege der Kultur als eine Angelegenheit indi-
vidueller Initiative anzusehen, dass wohlmeinende
Politiker ernstlich zweifeln, 0b der Staat überhaupt
die Aufgabe hat, pflegend und fördernd einzugreifen.
Aber so überraschend diese Auffassung in den
Staaten mit ehemals absoluter Fürstenherrschaft sein
mag, wo nach alter Gewohnheit vom Staate alles
erwartet wird, so gesund ist sie im Grunde, und
es wäre sehr bedauerlich, wenn das Gegenteil ein-
mal in Hamburg Platz greifen würde.
Nur lässt sich der Standpunkt, dass der Staat
die Sorge für die Kultur und die Initiative auf
diesem Gebiete dem Privatmann gänzlich überlassen
sollte, auf die Dauer nicht behaupten, und seit der
Mitte dieses Jahrhunderts hat sich in Hamburg
allmählich ein Umschwung vollzogen, der, von Fall
zu Fall fortschreitend, dem Staate zunächst die
Pflege der über die Möglichkeit der Unterhaltung
aus Privatmitteln hinaus entwickelten Institute über-
antwortet
und
ihm
schliesslich
sogar
die
Initiative