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es in Berlin. Dass kein Hof in Hamburg die
Leichtigkeit der Verkehrsformen entwickelt hat,
spürt man im geselligen Verkehr und in dem ab-
geschlossenen Wesen des Einzelnen, das von Frem-
den als Unzugänglichkeit empfunden wird.
Der Grosshandel beherrscht auch das Leben
des Einzelnen und lässt ihn von dem Tage, wo er
als halber Knabe den Fuss ins Comptoir gesetzt
hat, bis zu seinem Tode nicht los. Es ist nicht
Sitte, sich vom Geschäft zurückzuziehen, so lange
die Kräfte reichen. Der Rentier ist ein unbekannter
Begriff. Alles arbeitet. Nicht selten kommt es
vor, dass auf demselben Comptoir drei Generationen
derselben Familie thätig sind.
S0 wächst die Jugend in engster Berührung
mit der älteren Generation heran, deren Einsicht
ihr unmittelbar zu gute kommt, und das Alter, das
die Erfahrung besitzt, hat die Jugend neben sich,
in deren Wesen die Initiative überwiegt. DerLebens-
Wunsch des französischen Kaufmannes, die Million
und der Ruhestand vom fünfzigsten Jahre ab, ist
dem hanseatischen Kaufmann unbekannt. Als seine
Lebensaufgabe sieht er die Konsolidierung und Ent-
wickelung seiner Firma an und die sachgemässe
Schulung seines Nachfolgers. Nach altem Ham-
burgischen Recht steht er mit allem, was er hat
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