Volltext: Drei Programme (Bd. 4)

Es lassen sich auch aus der deutschen Geschichte 
Beispiele für die überlegene Macht rationell geleiteter 
Staatsaufträge anführen. Im vergangenen Jahrhundert 
richteten die meisten deutschen Höfe für ihren Be- 
darf Porzellanfabriken ein, Sachsen und Preussen 
vorauf, und heute noch arbeiten wir mit dem Kapital 
an Ideen und Formen, das damals geschaffen wurde. 
Wir stehen so sehr unter dem Bann der Erzeugnisse 
jener glänzenden Epoche, dass wir noch heute bei- 
spielsweise keinen neuen Typus für die Tafelservice 
geschaHen haben.  Wir empfehlen mithin unserm 
Staate kein Experiment, über dessen Ausgang irgend 
ein Zweifel obwalten könnte. 
Man darf nun zwar dem Hamburgischen Staate 
die Anlage von Staatsfabriken nicht zumuten, wir 
glauben jedoch, dass es in unserer gegenwärtigen 
Lage wirksam genug ist, grosse und fest begrenzte 
Aufträge zu erteilen und deren Ausführung sorgfältig 
zu überwachen. 
Der Erfolg wird nicht lange auf sich warten 
lassen. Wer in der Gegenwart oder Vergangenheit 
die Entwickelungsdauer grosser künstlerischer Epo- 
chen untersucht, steht überrascht vor der beständig 
sich wiederholenden Erscheinung, dass die in sich 
geschlossenen Stilrichtungen in einer Periode von 
nur etwa 30 bis 40 Jahren, also einem Menschen- 
alter, alle Phasen ihrer Entwickelung durchmachen. 
In der französischen Kunst lassen sich zur Zeit 
ihrer unbedingten Vorherrschaft in Europa, von etwa 
1680 bis gegen 1820, also in einem Zeitraum von
	        
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