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bedacht, dass erst im Schaffen der Meister gebildet
wird. Ein Staat, der nur Schulen dotiert, arbeitet
für fremde Interessen. Amerika ist heute in der
Lage, England unter der Leitung von Zeichnern,
die auf englischen Schulen ausgebildet werden, Kon-
kurrenz machen zu können.
Bei der Teilnahme, die unsre Bevölkerung allen
öffentlichen Dingen entgegen trägt, lässt sich sodann
die Ausstattung des Rathauses als Hebel für die
Erziehung des Publikums zum Verständnis künstle-
rischer und gewerblicher Dinge einsetzen, und es
wäre damit in Hamburg ein Vorsprung gewonnen,
den andre deutsche Staaten so leicht nicht einholen
können. Denn daran vor Allem krankt bekanntlich
in Deutschland die Industrie, dass nur der Producent
erzogen ist und der Konsument im Bewusstsein, von
der Sache nichts zu verstehen, Alles über sich er-
gehen lässt. Es ist ein ungesundes Verhältnis, dass
tausend Producenten den Kopf voll Ideen haben,
während der Konsument durchaus ohne eigene
Wünsche zusieht und infolgedessen auch nur selten
den guten Willen hat, für eine gediegene Arbeit
die entsprechende Aufwendung zu machen. Wir
können täglich beobachten, wie der Wohlhabende
ohne sich zu besinnen die Ausstattung seines Hauses
einem Dekorateur überträgt, der die abenteuerlichsten
Bedürfnisse für ihn erfindet, um nach einigen Jahren,
wenn dem Auftraggeber seine Einrichtung, an der
er keinerlei persönlichen Anteil hat, langweilig ge-
worden, eine neue womöglich die erste noch über-