Volltext: Drei Programme (Bd. 4)

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ist, glaube ich, weder Ziererei noch böser Wille, 
wenn sie sich schliesslich mit der Bemerkung ab- 
findet: „Das ist nur etwas für reiche Leute." Sie 
spricht in gutem Glauben aus der Überzeugung, 
dass nur der allergrösste Besitz eine Ausgabe für 
die Kunst rechtfertigt. Es fehlen ihr eben Ver- 
ständnis und Bedürfnis. Als Französin würde sie für 
eine schön ciselierte Kamingarnitur zwanzigtausend, 
für einen bronzenen Kronleuchter dreissigtausend, 
für ein Schränkchen mit den vornehmsten Bronze- 
beschlägen sechzigtausend Franken ausgeben. 
Glauben sie wohl, dass die Zahl derjenigen, die in 
Deutschland nur ein Urteil über dergleichen Dinge 
haben, sehr gr0s_s ist? Glauben Sie, dass Sie bei 
uns ein Werk der Art bestellen könnten und für Ihr 
Geld das entsprechende Mass Kunst und ehrliche 
Arbeit bekämen? Sie werden mir sagen, man sei 
reicher in Frankreich. Das ist wohl der Fall, aber 
auch wir sind nicht mehrso arm, nur fehlt unserm 
Reichtum die Überlieferung, und dann haben wir 
in allen Ständen einen Mangel an richtiger Ökonomie 
zu beklagen. 
Dass es bei uns nicht von jeher so schlimm 
stand, mag uns mit Trauer über den Verlust erfüllen, 
giebt uns aber zugleich die Hoffnung für die Zukunft. 
Freilich haben wir noch einen weiten Weg zurück- 
zulegen, ehe wir uns mit den Franzosen zu messen im 
stande sind. Es lässt sich eben im Handumdrehen die 
Gewöhnung nicht schaffen, die in Frankreich nun 
bald zweihundert Jahre ohne Unterbrechung dauert.
	        
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