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Kunst sich noch keine amtlich einrangierte Stellung
errungen hat. Dies ist aber wiederum darin be-
gründet, dass bei uns selbst in unterrichteten Kreisen
„Kunst" noch immer mit Luxus und Luxus mit rein
äusserlicher Dekoration verwechselt wird. Dass
„Kunst" eigentlich eine innere Eigenschaft jeder
höhern gewerblichen Leistung überhaupt ist, dass
künstlerisches Empfinden und künstlerische (und
kulturelle) Verfeinerung dazu gehört, um im Gewerbe
hervorragende Stelle einzunehmen und zu behaupten
davon hat man bei uns leider noch sehr wenig
Ahnung. Die Schuld liegt am Arbeitgeber und am
Lieferanten der letztere ist ohne den ersteren
hilflos, doch sind am Ende tüchtige Leistungen stets
zu erlangen, wenn man sie nur nachdrücklich genug
verlangt. Der Staat, als der grösste Arbeitgeber,
hat hierin voranzugehen. In Frankreich ist dies ein
seit Jahrhunderten stillschweigend anerkanntes und
befolgtes Prinzip, und wenn Sie Ähnliches in Ham-
burg bei der schönen Gelegenheit, die der Rathaus-
bau bietet, durchsetzen, so darf man Ihnen Glück
wünschen . . Leider ist fast überall ein enormes
Trägheits- und Widerstandsmoment zu überwinden.
In Hamburg haben Sie vielleicht günstigere Vor-
bedingungen, und die dort herrschenden Verhält-
nisse eröffnen Ihnen die Möglichkeit, durchzusetzen,
was wir anderwärts bisher vergeblich anstreben . . .
Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. S c h ö ne:
Ich
habe
die
Denkschrift
mit
vielem