Volltext: Aus der Praxis ([Bd. 5])

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Wohl bringt der Künstler die Kunst hervor, aber 
doch nur etwa wie die Saite den Ton. Kraft und 
Halt giebt ihm erst der Resonanzboden, der ihn 
aufnimmt, in Mitschwingung gerät und ihn dem Ohr 
in weicher Fülle zuströmt. Zu oft waren grosse 
Künstler in unserm ]ahrhundert einsam schwingende 
Saiten. Auch die erziehliche Kraft des Kunstbesitzes 
in der Familie, auch seine Eigenschaft als nationale 
Schatzkammer für die Zukunft lehrt die Betrachtung 
dieser gewählten Sammlung. Und wenn das Moment 
der Ehre auch für das Gemeinwesen, für den Staat 
ins Gewicht fällt, und wer möchte das leugnen?  
dann ruht ein Teil des Ansehens, dessen sich unsere 
Vaterstadt erfreut, auf dem Vorhandensein be- 
deutenden Kunstbesitzes im Bürgerhaus. 
Dem modernen Staat und den von ihm ein- 
gesetzten Pflegern der Sammlungen moderner Kunst 
predigen die vornehmen Privatgalerien am Ende 
unseres Jahrhunderts eine laute Mahnung und halten 
ihnen ein leuchtendes Vorbild vor Augen, das sie 
zurückführt auf die Grundsätze, nach denen im 
sechzehnten, siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert 
die grossen historischen Galerien angelegt sind. Nicht 
die öffentlichen Galerien haben in unserem jahr- 
hundert die grossen Traditionen der kunstliebenden 
Fürsten fortgeführt, sondern die Privatsammler, und 
ihnen wird deshalb die Nachwelt denselben Rang 
in der Geschichte der Kunst unserer Zeit anweisen, 
wie den fürstlichen Pflegern der Kunst in ver- 
gangenen Zeitaltern. Dass wir Hamburger einen
	        
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