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den Einfluss der lebenden Kunst gesträubt, was
ja natürlich und begreiflich ist, und die Künstler
hatten ebensolange verschmäht, ihrerseits den An-
fang zu machen, weil die Beschäftigung mit dekora-
tiven Problemen in unserer deutschen, vom Kasten-
geist beherrschten Gesellschaft für den akademisch
gebildeten Künstler als nicht ganz vollwertig galt.
Beide Parteien haben den Irrtum dadurch büssen
müssen, dass sie nun von England und Amerika auf
neue Bahnen gedrängt wurden, leider vorläufig auf
eine Weiterbildung fremder Ideen, wenn nicht gar
auf direkte Nachahmung. Die Ausstellung in Chicago
war der grosse Wendepunkt.
Wir haben nun wieder eine Anzahl von Männern,
die, als Künstler erzogen, Bilder gemalt und Statuen
modelliert haben, und" die nun zunächst im Anschluss
an englische Gedanken Stickereien zeichnen und
ausführen lassen, Möbel entwerfen, die Töpferei als
Kunst entwickeln, Goldschmiedearbeiten hervor-
bringen, Häuser einrichten.
Ihre Schar ist im Wachsen begriffen, und es lässt
sich nicht verkennen, dass sie nunmehr den auf
historischer Basis arbeitenden Kräften die Zügel aus
der Hand genommen haben. Einer von ihner, unser
Landsmann Otto Eckmann, ist als Professor an die
Schule des Kunstgewerbemuseums zu Berlin berufen.
Ein von der lebenden Kunst nicht befruchtetes,
sich ihr ab- oder entgegenwendendes Kunstgewerbe
ist nun künftig auch in Deutschland undenkbar.
Damit hat sich die Sachlage endgültig geändert.