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selbständigen Bildhauerkunst unserer Zeit, noch von
der auf eine neue Anschauung der Farbe ausgehenden
heutigen Malerei Anregungen brauchen. Denn die
Ornamentik" der Renaissance und der aus ihr ent-
Qvickelten Stile vertrug sich nicht mit neuer, selbst-
erworbener Empfindung der Form, und das Auge,
das Jahrzehnte hindurch an das die dekorativen
Künste beherrschende Kolorit Makarts gewöhnt war,
konnte die frische, auf dem unmittelbaren Studium
der Natur beruhende Farbenanschauung der lebendigen
Malerei nicht vertragen.
In weiten Kreisen herrschte dabei das Gefühl, dass
diese Trennung der Produktion in zwei feindliche
Heerlager, die sich bekämpften und verspotteten,
vom Übel sei. Auch von Seiten der Führer des
Kunstgewerbes wurde dieser Zustand aufrichtig be-
klagt, und man trug sich hier mit der HoiTnung,
dass aus dem Kunstgewerbe wie in alter Zeit eine
neue hohe Kunst hervorgehen würde.
Dass einst die Grossmeister der deutschen Kunst
man braucht nur Dürer zu nennen, der aus der
Goldschmiedswerkstatt emporstieg und mit ihnen
die ganze grosse deutsche Malerei und Sculptur aus
dem Handwerk entsprungen waren, ist nun mit ge-
wissen Einschränkungen eine geschichtliche Thatsache.
Aber das Kunstgewerbe, das einmal die Malerei
und Plastik geboren hat, war wesentlich von dem
in den siebziger und achtziger Jahren bei uns herr-
schenden Kunstgewerbe verschieden. Es war nicht
nachahmend, sondern schöpferisch, ruhte nicht auf