57
nach Hamburg zurückkehren und hier seiner Kunst
obliegen solle. Später durfte er den stolzen Titel
eines Ratsrnalers führen.
Die Bedingung verrät eine Einsicht, die heute
nicht mehr vorhanden ist. Die in Hamburg ver-
liehenen Stipendien bewirken geradezu, dass unser
Wirtschaftsgebiet von künstlerischen Begabungen ent-
blösst wird, denn nur ein Bruchteil kehrt in die
Heimat zurück, und die Erfahrung lehrt nicht, dass
es den Ehrgeiz der auf unseren Akademien ausge-
bildeten Künstler ausmacht, dereinst in Hamburg
eine fruchtbare Thätigkeit zu finden.
Hamburg hat weder eine Akademie noch eine
Kunstschule besessen. Es ist damit aller der Vor-
teile verlustig gegangen, die ein fester, von Generation
zu Generation unverriickbarer Mittelpunkt dem künst-
lerischen Leben gewährt. Es hat sich weder im
guten noch im bösen Sinne eine örtliche Überlieferung
bilden können, und das mittlere Niveau der Leistungen,
das durch eine Akademie oder Kunstschule in der
Regel gewährleistet wird, war bedenklichen Schwan-
kungen ausgesetzt. Was der Einzelne erreichte, war
von mancherlei Umständen seiner Begabung, seiner
Energie und der akademischen Tradition abhängig,
in die er durch Zufall geraten war.
Wenn wir in unserer Sammlung heute die ersten
in Hamburg entstandenen Werke der Oldach, Erwin
Speckter, Morgenstern, Vollmer, Martin Gensler u. a. m.
betrachten, und uns dann zu ihren nachakademischen
Leistungen wenden, so hält es schwer, die Über-