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in das Schaffen der Künstler einzugreifen. jeder
Versuch einer Massregelung würde zu einem Fehl-
schlag führen, einerlei, im Sinne welches künst-
lerischen Bekenntnisses er unternommen würde. Denn
das Wesen der künstlerischen Produktion, die in
den Kunstausstellungen ans Licht tritt, ist Freiheit.
Wenn die Kirche Wandgemälde oder Altarbilder,
wenn ein Fürst die Dekoration seines Palastes in
Auftrag giebt, so haben sie bestimmte Aufgaben zu
stellen und werden deren Erfüllung verlangen und
durchsetzen. Auf Versuche können sie sich nicht
einlassen. Aber der Künstler, der für den allgemeinen
Markt der Ausstellung schafft, kann mit den unend-
lich mannigfaltigen Bedürfnissen und Neigungen des
Publikums rechnen. Wer in dem Anschauungs- und
Gedankenkreise lebt, den man gerade alte Richtung
nennt ein BegriH, der von Jahrzehnt zu Jahrzehnt
wechselt wird zahlreicher Freunde und Gönner
sicher sein, und wer den Trieb in sich fühlt, neue
Gedanken und Ausdrucksmittel zu suchen, wird immer
einzelne Kunstfreunde bereit finden, mit ihm zu gehen.
Es liegt in der Natur der Dinge "begründet, dass
nur das in sich Gesunde und Starke auf die Dauer
zur Geltung gelangt, während alles andere es im
besten Falle zu einem rasch welkenden Modeerfolge
bringt. Schlechte und niedrige Kunst kann nur ge-
deihen, wo sie von einer verwandten Gesinnung breiter
Schichten des Volkes getragen wird.