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Bildnisses dürfte überhaupt zu den wichtigsten Mass-
nahmen der deutschen Kunstpüege zählen. Denn
das Bildnis ist die höchste unter den jederzeit mög-
lichen, von den jeweiligen Sonderströmungen in der
Kunst unabhängigen Aufgaben. In einer Zeit mit
idealistischen Neigungen wird es immer wieder auf
das ernste, unmittelbare Studium der Natur führen,
wie wir denn von der Hand zahlreicher, nordischer
Künstler des sechzehnten Jahrhunderts, deren Nach-
ahmungen der grossen Italiener wir heute keinen
Geschmack abgewinnen können, Bildnisse hohen
Ranges besitzen, die uns allein die Möglichkeit geben,
die ursprüngliche Veranlagung ihrer Urheber zu
würdigen. Und auf der andern Seite wird in Zeit-
altern, deren Ziel weniger in der Darstellung be-
wegender Gedanken als in dem hingebenden Studium
der Natur liegt, das monumentale Bildnis fast die
einzige Aufgabe sein, die zur Synthese zwingt.
Wenn wir in Hamburg, wie es unsere Pflicht er-
heischt, für die Kräftigung der örtlichen Bestrebungen
eintreten wollen, so finden wir im Bildnis die einzige
Gattung monumentaler Kunst, die immer vorhanden,
und die von Zufälligkeiten nicht abhängig ist. Die
Verhältnisse liegen bei uns ungefähr wie in den
holländischen Städten des siebzehnten Jahrhunderts,
wo das Bildnis die hohe Schule der Malerei ausmachte.
In unserm Stadtstaat giebt es eine Reihe gross-
artiger Bildnisse zu malen, die ganz lokaler Natur
sind. Der Senat hat seine schwarze spanisch-
niederländische Amtstracht beibehalten. Aufgaben