Volltext: Aus der Praxis ([Bd. 5])

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nisse 
aller 
Ältermeister 
der 
sämtlichen 
Zünfte 
VOI- 
banden, die der Bäckermeister Ulms aus vier Jahr- 
hunderten, die der Fleischer, der Fischer, der Schuster 
der Tischler, der Marner (Tuchmacher) Ulms aus 
vier Jahrhunderten, alle in handgrossen Ölminiaturen, 
ein physiognomisches und kulturhistorisches Material 
von allerhöchstem Wert und dabei durchaus nicht 
ohne 
künstlerisches 
Interesse. 
Hie 
und 
treten 
ganz trelfliche Künstler auf. Selbst Bildnisse aus 
dem achtzehnten Jahrhundert haben einen grossen 
Zug von Frische und Naivetät. Da nun die Älter- 
meister sich nicht nur malen lassen, sondern sich 
auch eine Devise wählen mussten, wird der Charakter- 
zug, den das Antlitz trägt, noch unterstrichen. Das 
ganze Geistesleben unseres Bürgertums in den Jahr- 
hunderten, wo die deutschen Städte keine jahresringe 
ansetzten, lässt sich aus diesen Sprüchlein aufbauen. 
Sie sind theologisch, wenn im sechzehnten und sieb- 
zehnten ]ahrhundert die Physiognomien ein Bäffchen 
erforderten, und mit dem Zopf und dem bunten Frack 
des achtzehnten werden sie rationalistisch. Im neun- 
zehnten Jahrhundert hören sie dann ganz auf, und bald 
werden auch Bildnisse nicht mehr gemalt. Das deutsche 
Kleinbürgertum würde wohl auch kaum noch imstande 
gewesen sein, Devisen zu wählen. Was ist in ihm 
lebendig von den Bildungsinteressen seiner Mitzeit? 
Nur die Fleischer haben die alte Sitte , das 
Bildnis ihres Ältermeisters aufzubewahren, bis heute 
beibehalten, freilich ohne Devise und nur in der 
landesüblichen Photographie.
	        
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