BILDNISKUN ST
UND
BILDNISPHOTOGRAPHIE
BEI GELEGENHEIT DER AUSSTELLUNG DER GESELLSCHAFT
ZUR FÖRDERUNG DER AMATEUBYHOTOGRAPHIE 1900
Es ist mir nicht erinnerlich, dass ich jemals in
einer halben Stunde durch blosse Anschauung soviel
gelernt und, was weit mehr ist, soviel Erkenntnis
gewonnen hätte, wie bei einem Gange durch die
Festsäle einer erzbischöflichen Residenz, deren alter-
tümliche Ausstattung einen Stern im Reisehandbuch
führte, und ein ]ahr darauf bei einem Besuch des
Ulmer Museums.
Im erzbischöiiichen Palast war es nicht die Archi-
tektur oder der kostbare Hausrat, die mich fest-
hielten, sondern die vollständige Reihe der Bild-
nisse aller Erzbischöfe, die in diesen Prunkräumen
empfangen hatten, vom Anfang des achtzehnten bis
zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts.
Diese Bildnisse erzählten einfach alles, plauderten
alles aus, alle Stärke und alle Schwäche des Wollens
und Vermögens, alle Neigungen, alle Strebungen,
die leiseste Schwankung äusserer und innerer Kultur.
Gegen die Wandlung der Zustände, der Rassen und